Gerichtsentscheidungen Arbeitnehmer JOB/TPS/Vivento/TV-Ratio

Hier findest Du wichtige Gerichtsentscheidungen

Anbietungsverfahren kritisch betrachtet

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Az.: 6 Sa 1586/17
TV Ratio hat Vorrang gegenüber Anbietungsverfahren

Regelmäßig werden die Beschäftigten der DTAG und ihren Tochtergesellschaften mit Umorganisationen konfrontiert. Gleiches gilt für das sogenannte Anbietungsverfahren für die Arbeitsplätze, die nach dem Umbau verfügbar sind. Da infolge der strukturellen Maßnahme meist weniger Stellen als vorher vorhanden sind, ziehen einige Mitarbeiter den Kürzeren. Die Gründe für die Bevorzugung der Kollegen bleiben intransparent. Manche Betroffene fühlen sich schon zu einem früheren Zeitpunkt diskriminiert, denn Kommissionen treffen anhand von undurchsichtigen Kriterien eine Vorauswahl, für welche selektierten Jobangebote sich die einzelnen Beschäftigten anbieten können.

Fallbeispiel eines Berliner Ausbilders
Von den Konsequenzen des vielfach kritisierten Anbietungsverfahrens war ein Berliner Mitarbeiter im Zuge der konzernweiten Umorganisation des Bereichs Ausbildung im Jahr 2016 betroffen. Die Zahl der Ausbilder reduzierte sich deutlich auf 7,3 unbefristete und 6 befristete Arbeitsplätze, für die sich 27 Beschäftigte anboten. Obwohl der Angestellte seit 17 Jahren als Junior-Referent Personalentwicklung (Ausbilder) in Berlin tätig war, wurde ihm keine der verfügbaren Stellen zugewiesen. Er wurde in eine Service- und Orientierungseinheit (SOE) versetzt, die ihn bei der Suche nach anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten unterstützen sollte. Gegen die Versetzung wehrte er sich bereits, die der Konzern in weiterer Folge aufhob. Stattdessen wurde ihm die offene Stelle eines Junior-Referenten Geschäftssteuerung zugeteilt. Sowohl gegen die ursprüngliche Versetzung als auch die Folgeversetzung klagte der Beschäftigte. Während das Arbeitsgericht Berlin sein Begehren zurückwies (37 Ca 10510/16), gab das Landesarbeitsgericht der Berufung statt und schloss sich in den wesentlichen Punkten der Meinung des Klägers an (6 Sa 1786/17).

Veränderung des Tätigkeitsbereichs grundsätzlich möglich
Die Landesarbeitsrichter stellten fest, dass die Versetzung in die SOE unwirksam ist. Gleiches gilt für die Folgeversetzung auf den Posten Junior-Referent Geschäftssteuerung, da sie auf der ersten Versetzung beruht. Wesentlich ist nicht, dass der Kläger seit langer Zeit als Ausbilder tätig war. Denn eine Versetzung auf eine andere Tätigkeit in der gleichen Tarifgruppe ist grundsätzlich möglich, wenn die Aufgaben arbeitsvertraglich nicht festgelegt sind oder sich aufgrund besonderer Umstände konkretisieren. Beides traf im verhandelten Fall nicht zu. Der Knackpunkt war hingegen, dass der Arbeitgeber die Regelungen des Tarifvertrags TV Ratio (2002, aktualisiert 2004) ignorierte. Stattdessen orientierte er sich lediglich am Interessenausgleich und Sozialplan, der mit dem Betriebsrat vereinbart wurde.

Eingeschränktes Direktionsrecht des Arbeitgebers bei Umorganisationen
Der TV Ratio definiert eindeutig den Charakter einer wirtschaftlichen, organisatorischen und personellen Maßnahme. Demnach zählt das "Zukunftskonzept Ausbildung" dazu. Er regelt auch, wie bei einer derartigen Umstrukturierung vorzugehen ist. Demnach müssen alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigte Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme betroffen sind, nur ein Teil der Stellen wegfällt oder verlegt wird. Verantwortlich ist für die Auswahl die ständig eingerichtete Clearing-Stelle, während das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt ist. Da der Kläger Mitglied der tarifschließenden Partei ist und seit vielen Jahren in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, sind die Regelungen des Tarifvertrags maßgeblich.

Widerspruch zwischen dem gängigen Anbietungsverfahren und dem TV Ratio
Zugunsten des Anbietungsverfahrens verzichtete der Arbeiter aber komplett auf das tariflich vorgeschriebene Clearing-Verfahren, was zur personellen Fehlbesetzung führte. Denn die Kriterien bei der Auswahl sind vollkommen anders gewichtet als beim Interessenausgleich und Sozialplan. Letzterer sieht vor, dass sich Mitarbeiter für einen Posten anbieten können. Vorwiegend aufgrund der Leistungseinschätzung durch den nächsthöheren Vorgesetzten werden die Bewerber ausgewählt, die am besten geeignet sind. Soziale Gesichtspunkte haben bei der Entscheidung eher einen ergänzenden Charakter.

Beim Clearing-Verfahren stehen aber die persönlichen und sozialen Gesichtspunkte des Kündigungsschutzgesetzes im Vordergrund. Die korrekte Vorgehensweise wäre demnach, alle Arbeitnehmer bestimmten Alterskategorien zuzuordnen und soziale Faktoren wie Alter, Betriebszugehörigkeit sowie Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Erst danach kommen Leistungsgesichtspunkte zum Zuge. Da der Kläger zum Zeitpunkt der Maßnahme 43 Jahre alt war, dem Betrieb mehr als ein Jahrzehnt zugehört und Vater von mehreren unterhaltsbedürftigen Kindern ist, wäre die Zuteilung einer Stelle sicher gewesen. Das Landesarbeitsgericht betont diesbezüglich, dass die Vorgaben des Tarifvertrags gegenüber den Vereinbarungen des Interessenausgleichs und Sozialplans vorrangig sind.

Unsachgemäße Versetzung mit Nachwirkungen
Da die erste Versetzung zur SOE unwirksam ist, gilt das Gleiche für die Folgeversetzung zum Posten Junior-Referent Geschäftssteuerung. Denn hierfür wäre der Kläger gar nicht verfügbar gewesen, wenn sich der Arbeitgeber das Clearing-Verfahren gewählt hätte. Aus dem identischen Grund wiesen die Landesarbeitsrichter das Argument des Konzerns zurück, dem Kläger fehle die Qualifikation für das neue Ausbildungskonzept, während er die Voraussetzungen für die Geschäftssteuerung mitbringe. Schließlich hätte er an der relevanten Schulung teilgenommen, wenn er bei einem ordnungsgemäßen Verfahren sofort als Ausbilder ausgewählt worden wäre.

Anbietungsverfahren auf dem Prüfstand
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts in Berlin hat eine Signalwirkung. Denn es verdeutlicht, dass sich tarifgebundene Beschäftigte mit dem unerwünschten Ergebnis eines Anbietungsverfahrens nicht zufriedengeben müssen. Lässt sich die Entscheidung der Kommission mit den Regelungen im TV Ratio nicht vereinbaren, ist die Versetzung anfechtbar. Betriebsräte sollten diesen Aspekt bei den Verhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan einer Maßnahme berücksichtigen. Es geht nicht nur darum, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Weitaus wichtiger ist es, dass die Angestellten trotz der Umstrukturierung die Berufschancen erhalten, die ihnen laut Tarifvertrag zustehen.
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LAG_Berlin_6Sa1586_17.pdf
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Az.: 6 Sa 1586/17

Zumutbarkeit nach TV-Ratio

Arbeitsgerichts Bonn, Az. 5 Ca 2457/16
Tarifvertrag TV Ratio: wohnortnah und/oder berufsbildbezogen

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.02.2018, Az. 5 Ca 2457/16

Gerade in jüngster Zeit sind Versetzungen bei der Deutschen Telekom AG ein großes Problem für die betroffenen Mitarbeiter. Soweit es sich um Transferarbeitnehmer bei Vivento oder Telekom Placement Services handelt und die Bestimmungen des Tarifvertrages Rationalisierungsschutz (TV Ratio) anzuwenden sind, hat das Arbeitsgericht Bonn am 7.2.2018 hierzu eine interessante Entscheidung getroffen.

Es geht um die Grenzen der Regelung in Paragraph 5 TV Ratio, also womit das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt wird.

Die Arbeitgeberin muß darlegen, dass die dem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit wohnortnah und/oder berufsbildbezogen ist. Erst dann ist die auszuübende Tätigkeit für den Arbeitnehmer zumutbar und gleichwertig, um die Grenzen des Direktionsrechtes einzuhalten, so das Arbeitsgericht Bonn.

Nach Par. 5 Abs. 9 S. 1 TV Ratio erfolgen die temporären Einsätze wohnortnah und/oder berufbildbezogen. In Satz 2 ist geregelt, dass die hierbei auszuübende Tätigkeit für den Arbeitnehmer zumutbar und gleichwertig ist und sich Einschränkungen lediglich aus den Absätzen 10 bis 13 ergeben.
Nach dem Wortlaut handelt es sich bei Satz 2 um eine Fiktion hinsichtlich der Zumutbarkeit und Gleichwertigkeit, sofern eine der Voraussetzungen von Satz 1, also wohnortnah oder berufsbildbezogen gegeben ist.
Auch bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck dieser Regelung kommt man zu diesem Ergebnis. Schließlich würde eine tarifliche Regelung, die das Direktionsrecht so weit ausdehnen würde, dass jede Tätigkeit gleichwertig wäre, sofern nur die Einschränkungen nach Absatz 10 bis 13 berücksichtigt wurden, gegen die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen.

Die Wohnortnähe wurde verneint bei einer Fahrtdauer von 2 Stunden mit dem PKW bzw. deutlich über 2 Stunden mit Bus und Bahn für die einfache Wegstrecke zum Beschäftigungsort.
Auch der Bezug der auszuübenden Tätigkeit zum Berufsbild wurde vom Arbeitsgericht nicht gesehen. Die Arbeitgeberin hatte hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Der Vortrag, dass es sich in beiden Fällen um Schreibtischjobs handelte, reichte nicht.

Im Ergebnis war damit die Versetzung für unwirksam erklärt worden.
Auf den entsprechenden Antrag hin wurde es der Arbeitgeberin untersagt, den Arbeitnehmer am vorgesehenen Beschäftigungsort einzusetzen.
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ArbG Bonn_5Ca 2457_16.pdf
Arbeitsgerichts Bonn vom 07.02.2018, Az. 5 Ca 2457/16

Versetzung in die VCS unwirksam

Arbeitsgericht Arnsberg, 1 Ca 544/10

Arbeitsgericht deutet temporären Einsatz bei VCS als Versetzung: Kläger muss Arbeitsleistung dort aber nicht erbringen

Der Kläger war laut Arbeitsvertrag als Hauswart mit Arbeitsort Meschede bei der Telekom angestellt, aber unbeschäftigt zu Hause. Diese wollte, dass er als Service Center Agent in Gelsenkirchen arbeitet und berief sich mit der entsprechenden Weisung auf § 5 Abs. 6 TV Ratio. Zu Unrecht, wie das Gericht sagt: Damit Abs. 6 (temporärer Einsatz) zutreffen kann, muss erst Abs. 1 (Unterzeichnung Änderungsvertrag) erfüllt sein. Der TV Ratio in der zugrunde zu legenden Fassung vom 1.März 2004 enthält sinngemäß diese Bedingung. Der Kläger hatte keinen solchen Änderungsvertrag unterzeichnet, ist dementsprechend kein Transfermitarbeiter. Das Gericht interpretiert mit dem Kläger die Weisung in Gelsenkirchen zu arbeiten als Versetzung und sieht auch im Direktionsrecht (§ 106 GewO, § 315 BGB) keine Rechtsgrundlage dafür: Die Festlegung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag steht über dem diesbezüglichen Direktionsrecht.
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AG_Arnsberg_1Ca544_10.pdf
Arbeitsgericht Arnsberg, Urteil vom 09.09.2010, AZ.: 1 Ca 544/10

LAG bestätigt AG Neuruppin in wichtigen Teilen

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 10 Sa 1431/07

Kündigung und Abmahnung nicht rechtens
Indem es mehrere Fälle des Akzeptierens der jeweiligen Gültigkeit des TV Ratios durchspielt, kommt das Gericht immer zu dem Ergebnis, die Abmahnung des Klägers, weil er ein Angebot für eine Tätigkeit als Fachkraft Technik bei VTS abgelehnt hatte, ist nicht rechtens und muss aus der Personalakte entfernt werden. Die ausgesprochene Kündigung ist nicht wirksam. Eine Pflichtverletzung ist durch die Ablehnung des Arbeitsvertrages in einem Geschäftsmodell nicht gegeben.
Ein weiterer Aspekt des Urteils sollte zur Vorsicht mahnen: Wer lange nichts gegen die Versetzung in die Vivento unternimmt und auch nicht zu erkennen gibt, dass er damit nicht einverstanden ist, verwirkt sein Klagerecht dagegen.
Zwei Argumentationen der Telekom sind in diesem Zusammenhang schon fast wieder witzig, wenn sie nicht so traurig wären: Schon die Vorinstanz hatte die Meinung der Telekom, das Clearingverfahren ersetze die Rationalisierungsmaßnahme (richtig wäre: es muss erkennbar sein, aufgrund welcher Maßnahme der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verliert, daraufhin erfolgt dann das Clearing) zurückgewiesen. Und die Telekom meint hier noch tatsächlich, „Abmahnung und Kündigung seien wirksam, weil der Tarifvertrag nicht vorschreibe, dass die mehrfachen Angebote jeweils neue Angebote sein müssten.“ Zwar lässt das Gericht dies noch offen, aber andere Entscheidungen sagen ja eindeutig: Dasselbe Angebot kann man nur einmal vorlegen (s. unsere Datenbank Arbeitsgericht München AZ 15 Ca 6904/06 u.a.).
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LAG_BerlinBrandenburg_10Sa1431_07.pdf
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2007, AZ.: 10 Sa 1431/07

TV Ratio rechtfertigt keine unterwertigen Einsätze

Arbeitsgericht Detmold, 1 Ca 973/07

Auch Arbeitnehmern darf keine unterwertige Arbeit zugewiesen werden

In diesem Fall legte der Arbeitsvertrag fest, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer andere Tätigkeiten übertragen darf, die aber seinen Fähigkeiten und seiner Eignung entsprechen müssen. Das Gericht stellt fest, dass auch §5 Abs.6 und 9 TV Ratio eine Versetzung (auch nur temporär) des Arbeitnehmers (als "Experte"eingestellt) zum Scan-Center nicht rechtfertigen.
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ArbG_Detmold_1Ca973_07.pdf
Arbeitsgericht Detmold 1 Ca 973/07 vom 05.09.2007

Keine außerordentliche Kündigung

Arbeitsgericht München, 15 Ca 6904/06

Noch einmal: einmal ist nicht zweimal

Auch das Arbeitsgericht München musste, wie im Jahre 2006 schon das Arbeitsgericht Erfurt (s. das Urteil AZ.: 8 Ca 1855/05 in unserer Datenbank), die Telekom darauf hinweisen, wie man zählt: Ein Arbeitsplatzangebot bleibt ein Arbeitsplatzangebot, auch wenn es mehrfach vorgelegt wird.
Das ist das Hauptargument des Gerichts zugunsten des Klägers in diesem Kündigungsschutzprozess. Die außerordentliche Kündigung des ordentlich unkündbaren Klägers wegen Verstoßes gegen §7 Abs.8 TV Ratio (neu) war unwirksam. Denn dort heißt es eindeutig: „Lehnt der Arbeitnehmer auch ein zweites zumutbares internes Vermittlungsangebot ab, so ist dies ein wichtiger Grund …, der zur Kündigung führen kann.“ Das Gericht ließ diesen Passus für seine Einzelfallabwägung von entscheidender Bedeutung sein. Die Telekom hatte dem Kläger nämlich nur ein und dasselbe Angebot (bei der VTS) mehrfach vorgelegt, das er abgelehnt hatte, weil er damit seiner Altersteilzeitmöglichkeit verlustig gegangen wäre. Auch betriebsbedingt war kein außerordentlicher Kündigungsgrund vorhanden, denn sein aktueller Arbeitsplatz als Leiharbeitnehmer der Vivento bei VTS ist offensichtlich nicht weggefallen.
Auch die Abmahnungen gegenüber dem Kläger, die in ihrer Formulierung den Eindruck erweckten, sein Fehlverhalten sei so gravierend gewesen, dass es eine Kündigung gerechtfertigt hätte, mussten zurückgenommen werden.
Ein interessanter Aspekt: Bei § 626 BGB handelt es sich um eine zwingende gesetzliche Regelung, so dass Tarifparteien gar nicht - wie im TV Ratio geschehen - verbindlich bestimmen können, dass bestimmte Gründe eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
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ArbG_München_15Ca6904_06.pdf
Arbeitsgericht München AZ.: 15 Ca 6904/06 vom 19.07.2007

Tarifliche Regelkompetenz im TV Ratio (alt) überschritten

Landesarbeitsgericht Köln, 7 (5) Sa 1584/05

Direktionsrecht allein reicht zur Versetzung in die Vivento nicht

Dieses und andere Urteile führten letztendlich dazu, dass der TV Ratio von den Tarifparteien geändert wurde. Er hatte nämlich insofern die tariflichen Regelungsmöglichkeiten überschritten, als es der Telekom möglich war, per Ausübung des Direktionsrechtes Arbeitnehmer in die Vivento zu „versetzen“.
Das widerspricht dem Kündigungsschutz, denn die Versetzung zu Vivento kann den Einsatz in betriebsfremden oder gar konzernfremden Unternehmen und letztlich den Verlust des Arbeitsplatzes bei der Telekom zur Folge haben. Sie ist also nur einvernehmlich oder im Wege einer Änderungskündigung möglich.
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LAG_Koeln_AZ._7(5)Sa1584_05.pdf
AZ: 7(5) Sa 1584/05,LAG Köln, 03.05.2006

ArbG Berlin 8Ca 27501/06

Arbeitsgericht Berlin, 8 Ca 27501/06

Unwirksame Versetzung in die Vivento

Der Kollege war zu einer Kabelgesellschaft beurlaubt und hatte von seinem Rückkehrrecht Gebrauch gemacht. Gegen die Versetzung in die Vivento hatte er geklagt und die DTAG wurde verurteilt ihn wieder in seinem alten Tätigkeitsfeld bei seiner alten Niederlassung zu beschäftigen

Der Text der ersten beiden Seiten der Kopie ist leider nur schwer lesbar, deshalb hier die ersten beiden Seiten zusätzlich als Abschrift:

GZ: 8Ca 27501/06
Vollstreckbare Ausfertigung

im Namen des Volkes

Versäumnisurteil

in Sachen

...
Kläger

gegen Deutsche Telekom AG...
Beklagte

hat das Arbeitsgericht Berlin, achte Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 11.7.2006 durch den Richter am Amtsgericht Smelenski, als Vorsitzender für Recht erkannt:

I.
Es wird festgestellt, dass die Versetzung des Klägers zur in Vivento mit Wirkung vom 1.12.2005 unwirksam ist.

II.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger als Servicetechniker in der technischen Kunden Niederlassung Nord/Ost zu beschäftigen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.600,00 € festgesetzt.
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arbg_berlin_8ca27501_06.pdf
ArbG Berlin 8Ca 27501/06, 11.07.06

Versetzung in Vivento rechtsunwirksam, Kündigung aufgehoben

Arbeitsgericht Neuruppin, 2 Ca 1870/06

Versetzung in Vivento rechtsunwirksam, Kündigung aufgehoben, Abmahnung muss entfernt werden...

Nach wie vor versucht das Management der Deutschen Telekom AG auf niederträchtige Art und Weise Mitarbeitern zu kündigen, die nicht bereit sind ihr eigenes Arbeitsverhältnis aufzulösen, indem sie einen Arbeitsvertrag bei einer anderen Firma unterschreiben.

Die Richter beim Arbeitsgericht Neuruppin gaben der Telekom daraufhin jetzt eine entsprechende Antwort:

1. Die Versetzung in die PSA/Vivento ist rechtsunwirksam.
2. Der Kläger muss entsprechend seiner ehemaligen Tätigkeit und Lohngruppe weiter beschäftigt werden.
3. Die vorausgehende Abmahnung muss aus der Personalakte entfernt werden
4. Das Arbeitsverhältnis ist nicht aufgelöst worden.
Dateianhänge
arbg_neuruppin_2ca1870_06.pdf
ArbG_Neuruppin_2Ca1870_06
Verkündungsprotokoll
arbg_neuruppin_2ca1870_06_285.pdf
ArbG_Neuruppin_2Ca1870_06
Vollständiger Text des Urteils
18.05.07

TV-Ratio rechtswidrig: Kündigungsschutz ausgehebelt

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 13 Sa 863/05

TV-Ratio rechtswidrig: Kündigungsschutz ausgehebelt

Der klagende Kollege lehnt die Unterzeichnung eines dreiseitigen Vertrages zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der T-Com Zentrale unter Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der T- Nova ab. Er wird daraufhin nach Vivento versetzt. Das LAG stellt fest, dass die Versetzung eines Arbeitnehmers der Deutschen Telekom AG in die Vivento nicht auf der Grundlage des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts möglich ist. Dieses erlaubt nicht die Zuweisung einer Tätigkeit, die sich nicht als Arbeitsleistung einordnen lässt. Insbesondere kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht per Direktionsrecht verpflichten, an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitzuwirken. Wörtlich: "Es handelt sich nämlich um eine Versetzung in einem Pseudobetrieb, in welchem dem Arbeitnehmer nur noch die Aufgabe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zukommt." Das Gericht stellt in seiner Begründung fest, dass der TV Ratio gegen den nicht abdingbaren Kernbereich des Schutzes nach § § 1 und 2 Kündigungsschutzgesetz verstößt.
Dateianhänge
lag_duesseldorf_13sa863_05.pdf
LAG Düsseldorf 13 Sa 863/05
21.12.06

LAG Berlin 11 Sa 849/06

Landesarbeitsgericht Berlin, 11 Sa 849/06

Landesarbeitsgericht Berlin: Bahnbrechendes Urteil


Gericht erklärt dreiseitigen Vertrag (Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der DTAG bei gleichzeitigem Wechsel nach VTS) wegen widerrechtlicher Drohung für nichtig
Da dem Kläger der im § 5 TV Ratio (neue Fassung) geforderten Änderungsvertrag nicht einmal angeboten wurde, konnte Vivento auch nicht rechtswirksam die Einhaltung der in diesem Tarifvertrag geforderten Regeln, wie z.B. die Bewerbung auf Arbeitsplätze in „Geschäftsmodellen“ verlangen!

Das Gericht stellt fest, dass der unkündbare Kläger nicht einmal „Tansfermitarbeiter“ im Sinne des Tarifvertrages ist!

Zusammenfassung der Situation in der Urteilsbegründung:

Angesichts der von ihm nicht angegriffenen Versetzung zur PSA mit Mitwirkung zum 1.3.2003 unterlag er zunächst den Verpflichtungen aus dem TV Ratio 2002... Eine solche Verpflichtung konnte allenfalls die Folge der Anwendung des TV Ratio 2004 sein, der ohne Übergangsregelungen für bereits in den Bereich der PSA bzw. zu Vivento versetzten Arbeitnehmer am 1.1.2004 (beziehungsweise in Teilen am 1.1.2005) in Kraft trat (§ 22 TV Ratio 2004)... Nach § 5 Absatz 1 bis 3 TV Ratio 2004 bedurfte es nämlich noch der Umsetzung des Auswahlergebnisses, so dass die Beklagte vor dem Angebot auf Wechsel in ein anderes Geschäftsmodell dem Kläger zunächst ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages hätte machen müssen, dem für den Fall der Ablehnung eine Änderungskündigung hätte nachfolgen können… aber auch wenn man dem nicht folgen und von einer infolge Verwirkung des Klagerechts eingetretenen stillschweigenden Wandlung des Arbeitsvertrages des Klägers in ein Transfer Arbeitsverhältnis ausgehen wollte, gälte nichts anderes.“
Ergo: Da weder „hätte“, „könnte“, „würde“ noch „sollte“ greifen, ist für den ohne Änderungsvertrag in die PSA, bzw. Vivento versetzten Mitarbeiter nunmehr weder der alte Tarifvertrag noch der neue anwendbar! Den Gedanken sollte man konsequenter Weise auch in Bezug auf die verminderten Gehaltszahlungen (85/15 Regelung) in Vivento aufgreifen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde übrigens nicht zugelassen!

Das Urteil der Vorinstanz finden Sie auch in unserer Datenbank (AG Berlin AZ.: 19839/05)!
Dateianhänge
lag_berlin_11sa849_06.pdf
LAG Berlin 11Sa 849/06
05.12.06

2 Ca 1172/05 ArbG Potsdam

Arbeitsgericht Potsdam, 2 Ca 1172/05

Versetzung nicht nach billigem Ermessen: rechtswidrig, unwirksam

Der Kläger ist im Juli 2004 in den Betrieb Vivento versetzt worden und hat erst ca. 10 Monate später dagegen geklagt. In dem Urteil wird ausgeführt, dass auch nach dieser langen Zeit das Klagerecht nicht verwirkt ist. Das Urteil ist rechtskräftig.

Das Urteil ist in unserer Datenbank auch unter "Rückkehr aus Beurlaubung" eingestellt.
Dateianhänge
Arbg_Potsdam_2Ca_1172_05.pdf
ArbG Potsdam
AZ.: 2Ca 1172/05, 02.02.06

Arbeitsgericht Erfurt 7 Ca 1854 / 05

Arbeitsgericht Erfurt, 7 Ca 1854/05

Wieder in Erfurt: Kündigung zurückgenommen

Wenn es nicht so ernst für die Betroffenen wäre, könnte man darüber lachen: Wieder einmal musste die Telekom eine unrechtmäßig ausgesprochene Kündigung mit vorausgeschickter Abmahnung zurücknehmen. Wieder einmal wurde einem Kollegen ein "Angebot" unterbreitet, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, was dieser natürlich ablehnte und mit einer Abmahnung und rechtswidrigen Kündigung dafür belohnt wurde.
Dateianhänge
arbg_erfurt_7ca1854_05_165.pdf
Arbeitsgericht Erfurt 7 Ca 1854 / 05
24.05.06, Vergleich

Dreiseitiger Vertrag nichtig wegen widerrechtlicher Drohung

Arbeitsgericht Berlin, 18 Ca 19839/05

Anfechtung des dreiseitigen Vertrages zum Arbeitgeberwechsel erfolgreich

Das Arbeitsgericht Berlin hat im Falle des Kollegen für Recht erkannt: Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der DTAG besteht weiter. Der dreiseitige Vertrag (Neues Arbeitsverhältnis bei VTS bei gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der DTAG) ist trotz Unterschrift von Anfang an als nichtig anzusehen, weil er nur auf Grund einer Drohung zustande gekommen ist und erfolgreich angefochten wurde.
Eine in diesem Zusammenhang ausgesprochene Abmahnung muss demnach aus der Personalakte entfernt werden. Die DTAG hat Berufung eingelegt.
Das Urteil der Berufungsinstanz Landesarbeitsgericht Berlin (AZ.:11Sa 849/06) finden Sie auch in unserer Datenbank!
Dateianhänge
arbg_berlin_18ca1983905__.pdf
ArbG_Berlin_18Ca19839/05
16.03.2006

Arbeitsgericht Hannover 10 Ca 311/05

Arbeitsgericht Hannover, 10 Ca 311/05

Alternative dreiseitiger Vertrag zum Arbeitgeberwechsel oder Kündigung nicht zulässig

Wieder einmal musste die Abmahnung und die darauf folgende Kündigung eines unkündbaren Mitarbeiters der Deutschen Telekom AG zurückgenommen werden. Die vom Gericht vorgebrachte Formulierung: “Austausch eines Arbeitgebers, und sei es durch Vertragsübernahme (3-seitiger Vertrag) gegen den Willen des Arbeitnehmers?“ könnte aus der Definition für den Bergriff „Zwangsarbeit“ stammen.
Unglaublich: Es sind immer noch weitere Verfahren in gleicher Sache anhängig.

Ethikrichtlinien sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind, wenn man sich daran nicht hält!
Dateianhänge
arbg_hannover_10ca311_05.pdf
Protokoll ArbG Hannover
AZ.:10Ca311/05, 06.04.06

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