Bundesverwaltungsgericht, 2 C 68.08
Zwingende Gründe gegen erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit eng zu fassen
Leitsätze
1. Auch den zuletzt bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Ruhestandsbeamten steht ein Anspruch auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis zu, wenn zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.
2. Ein "Personalüberhang" bei der Deutschen Telekom AG ist kein zwingender dienstlicher Grund, der die Reaktivierung eines Ruhestandsbeamten ausschließt.
In der Interpretation des maßgeblichen § 46 Abs. 5 BBG (neu) wird der Ausdruck "zwingend" eng gefasst: "Es müssen mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit drohen". Der Telekom wird ein Vorwurf gemacht: "Diese gleichsam hausgemachten Probleme sind rechtlich unbeachtliche Folgen einer Personalplanung, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsstatus nicht hinreichend berücksichtigt hat." Der Personalüberhang an Beamten steht an sich schon im Widerspruch zur Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland!
Unser Kommentar:
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2009
(… "Der Kläger hat Anspruch auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis." …)
Lesenswert ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur für die wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzten Beamten. Das Gericht findet auch eindeutige Worte zur Personalpolitik der Deutschen Telekom, ihre Beamten in einem wie auch immer organisierten und definierten Personalüberhang zu führen.
Es heißt hier: "Denn dieser Personalüberhang steht nicht in Einklang mit der Rechtsordnung. Die sich aus Art. 143b Abs.3 Satz 1 GG ergebende verfassungsrechtliche Pflicht, die Rechtsstellung der Beamten der früheren Bundespost zu wahren, verbietet es, sie entgegen Art. 33 Abs. 5 GG einem Personalüberhang zuzuweisen. Denn dadurch werden die Beamten auf unabsehbare Zeit in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit versetzt. Macht ein betroffener Beamter den sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend, muss ihm zeitnah eine auf Dauer angelegte amtsangemessene Tätigkeit übertragen werden."
Wobei natürlich skeptisch nachzuverfolgen wäre, ob die Deutsche Telekom den Kläger, einen Technischen Fernmeldeamtsrat, wirklich wieder in sein ihm zustehendes abstrakt- und konkret funktionelles Amt einsetzt. Zu vermuten ist eher, dass ihm unter Missachtung der Rechtslage allein eine Tätigkeit in einer Tochtergesellschaft zugewiesen wird, von der man dann lediglich behauptet, sie sei seinem Amt angemessen.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls endet mit Aussagen, die auch bei Nichtjuristen den Eindruck einer schallenden Ohrfeige für das Unternehmen hinterlassen.
Das Gericht führt aus: "Der personalorganisatorische Spielraum der Deutschen Telekom AG ist auch nicht etwa deshalb eingeschränkt, weil sie sich nicht in der Lage glaubt, bereits gegenwärtig alle bei ihr tätigen aktiven Beamten amtsangemessen zu beschäftigen … . Diese gleichsam hausgemachten Probleme sind rechtlich unbeachtliche Folgen einer Personal-planung, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechts-status nicht hinreichend berücksichtigt hat.
Weil also letztlich die grundgesetzlichen Regelungen über das Wohl und Wehe der Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen entscheiden, seien die beiden entscheidenden Grundgesetz-Artikel im Folgenden noch einmal zum Nachlesen angeführt:
Artikel 33 Abs.5 GG
Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Artikel 143b Abs.3 GG
Die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten werden unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienstherrn bei den privaten Unternehmen beschäftigt. Die Unternehmen üben Dienstherrenbefugnisse aus. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Siehe auch das BVerwG-Urteil vom 25.06.2009, AZ 2 C 74/08 weiter oben auf dieser Seite.