Zuweisungen, Versetzungen und Umsetzungen

Hier findest Du wichtige Gerichtsentscheidungen

Sofortvollzug außer Kraft

Verwaltungsgericht Arnsberg, 13 L 836/10

Zuweisung als versetzungsähnlicher Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig
Das Gericht zitiert ausführlich einen eigenen Beschluss zu einer im Wesentlichen identischen Zuweisungsverfügung (Beschluss vom 12.11.2010, AZ.: 13 L 784/10, siehe auf dieser Seite unter „Megaplan-Zuweisung rechtswidrig“). Diese Ausführungen (keine reale Beschäftigung; Verbot, dem Tochterunternehmen den Spielraum für einen nichtamtsangemessenen Einsatz zu eröffnen…) gelten auch hier.
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VG_Arnsberg_13L836_10.pdf
VG Arnsberg, Beschluss vom 24.11.2010, AZ.: 13 L 836/10

Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt

Verwaltungsgericht Arnsberg, 13 L 784/10

Megaplan-Zuweisung rechtswidrig

Das Gericht spricht einige interessante Problemfelder an und begründet die Entscheidung zu Gunsten des Beamten im Wesentlichen damit, dass dieser seit dem Tag der Zuweisung "überwiegend damit beschäftigt war, sich mit Kollegen zu unterhalten, aus dem Fenster zu schauen und Bücher und Zeitschriften zu lesen". Im Übrigen sei er für das Projekt Megaplan noch nicht geschult.

Hinweis: Die Seiten 3 und 4 des Beschlusses sind entfernt, da sie den beruflichen Werdegang des Antragstellers schildern.
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VG_Arnsberg_13L784_10.pdf
VG Arnsberg Beschluss vom 12.11.2010, AZ.: 13 L 784/10

Zuweisung unrechtmäßig

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, OVG 6 S 29.10

Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen dauerhafte Zuweisung wegen fehlender Amtsangemessenheit wiederhergestellt
Kommentar Rechtsanwalt A. Weisbach:
Das Oberverwaltungsgericht folgt exakt der Argumentation in der Beschwerdebegründung und vertritt eine völlig andere Auffassung als beispielsweise das VG München, die diese Argumentation zuletzt wieder in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2010 abgelehnt hat.

Mit diesem Beschluss wurde die erstinstanzliche Entscheidung des VG Berlin aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Zuweisungsbescheid wiederhergestellt. Das OVG hält die Zuweisung zur VCS für rechtswidrig, weil keine "dem Amt entsprechende Tätigkeit" zugewiesen werde. Bei Zuweisungen müsse der Dienstherr sicherstellen, dass der Beamte seinem Amt entsprechend beschäftigt wird. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Zuweisungsverfügung selbst hinreichend bestimmte Angaben enthält, denen sich ein Aufgabenkreis entnehmen lässt, der einem abstrakt-funktionellen Amt gleichkommt.
Das OVG sah diese Voraussetzungen hier nicht als gegeben an. Insbesondere sei die Bezeichnung als "Service Center Agent" für sich genommen keine Festlegung eines abstrakt-funktionellen Aufgabenkreises und viel zu konturlos, um eine amtsgemäße Beschäftigung des Beamten sicherzustellen.
Interessante Ausführungen macht das OVG auch zu den im Zuweisungsbescheid genannten Aufgaben ("Spiegelstriche"). So trage schon die Fülle der einzelnen Aufgaben erheblich zur Konturenlosigkeit der Aufgabenbeschreibung bei. Es bleibe offen, ob der Beamte sämtliche Tätigkeiten ausüben wird oder nur einen Teil davon. Da der Zuweisungsbescheid hierzu keine Angaben enthält, sei nicht sicher gestellt, dass der Beamte amtsgemäß beschäftigt wird. Die Festlegung des Aufgabenkreises dürfe nicht der VCS überlassen werden.
Fazit: Die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg enthält interessante Ausführungen bzgl. der Anforderungen an die Bestimmtheit eines Zuweisungsbescheids. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Telekom künftig eine Konkretisierung der Aufgabenbeschreibung in den Zuweisungsbescheiden vornehmen wird.

Konsequenz aus dem Beschluss dürfte sicherlich sein, bei erfolgter "Versetzung" zur PBM-NL in Berlin den Eilantrag beispielsweise in München einzureichen. Nach bisheriger Praxis wird der Rechtsstreit dann vom VG München an das VG Berlin verwiesen.
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OVG_Berlin-B_6S29_10.pdf
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.11.2010, AZ.. OVG 6 S 29.10

Schleichende Arbeitsänderung

Verwaltungsgericht Kassel, 7 L 1282/10.KS

Zweifel, ob überwiegende Call-Center-Tätigkeiten einer Fernmeldehauptsekretärin amtsangemessen sind

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren stellt das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine dauerhafte Zuweisung zu Dt KS wider her. Da weder eine offensichtliche Rechtmäßigkeit noch eine offensichtliche Unrechtmäßigkeit der Zuweisungsverfügung erkennbar ist, nahm die Kammer eine Interessenabwägung vor. Hier gab den Ausschlag, dass sie erhebliche Zweifel hegt, „dass die der Antragstellerin zugewiesene Tätigkeit…eine dem Amt einer Fernmeldehauptsekretärin angemessene und entsprechende Tätigkeit darstellt“. Aufgrund ihres vermehrten Einsatzes im Call-Bereich hat die Antragstellerin nicht mehr die Möglichkeit zu einer eigenständigen und abschließenden Bearbeitung der Kundenanliegen, sondern muss sie abgeben. Ihr Recht, sich gegen die nicht angemessene Tätigkeit zur Wehr zu setzen, besteht fort, auch wenn sie diese Tätigkeit schon vor dem Betriebsübergang zur DT KS ausgeübt hat. Außerdem vollzog sich in den letzten drei Jahren ein fließender Wandel in der Tätigkeit.
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VG_Kassel_7L1282_10_KS.pdf
Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 14.10.2010, AZ.: 7 L 1282/10.KS

Unternehmerische Entscheidungen einschränken

Verwaltungsgericht Stuttgart, 13 K 4781/08

Dienstherrenbefugnisse müssen bei der DTAG bleiben

Kommentar von Gudrun Früh, Rechtsanwältin und Dipl. Verwaltungswirtin, Mediatorin; Uhlandstr. 11, 70182 Stuttgart

Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.06.2010, mit welchem der Klage gegen die Telekom AG wegen befristeter Zuweisung stattgegeben wurde.

Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass § 4 Abs. 4 S. 2 u. 3 PostPersRG als Ermächtigungsgrundlage für vorübergehende Zuweisungen herangezogen werden kann, die der Zustimmung des Beamten nicht bedürfen.
Es ist jedoch der Auffassung, dass die Zuweisung rechtsfehlerhaft ist, weil gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG diese nur zulässig ist, wenn dem Beamten eine dem Amt entsprechende Tätigkeit zugewiesen wird. Dies impliziere, dass die Telekom AG den privatrechtlichen Tochtergesellschaften keine unternehmerischen Entscheidungen überlassen darf, welche die ihr übertragene Ausübung der Dienstherrenbefugnisse beeinträchtigen oder sonst der Rechtsstellung der bei ihr dienstleistenden Beamten zuwiderlaufen.
Die streitgegenständliche Zuweisungsverfügung genügte nach Auffassung des Gerichts den gesetzlichen Voraussetzungen nicht, denn sie beschränkte sich darauf, der Klägerin „ihre bisherigen Tätigkeiten bei der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH" befristet zuzuweisen.
Die Beklagte hätte sicherstellen müssen, dass der Klägerin auf Dauer ein materieller Aufgabenkreis zugeteilt wird, der ihren Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung sicherstellt. Das Gericht hat erhebliche Zweifel, dass dies mit der streitgegenständlichen befristeten Zuweisung erfolgte, zumal die Telekom AG sowohl in der Zuweisungsverfügung, als auch in der Widerspruchsbegründung die Zuweisung auch unterwertiger Tätigkeiten thematisierte.
Das Urteil wurde von der Beklagten nicht angefochten. Es ist zwischenzeitlich rechtskräftig.
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VG_Stuttgart_13K4781_08.pdf
VG Stuttgart, Urteil vom 22.06.2010, AZ.: 13 K 4781/08

Öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht gegeben

Verwaltungsgericht Schleswig Holstein, 12 B 53/10

Zweifel an Amtsangemessenheit führen zur Nichtanerkennung des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug der Zuweisung

Der Mechanismus ist inzwischen bekannt: Eine Zuweisung wird mit Sofortvollzug angeordnet. Der Widerspruch hat deshalb keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht stellt aber im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des betroffenen Beamten wieder her.
In diesem Fall ist sich das Gericht weder sicher, dass die zugrunde liegende Zuweisung offensichtlich rechtswidrig, noch dass sie offensichtlich rechtskonform ist. Einen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann man also nicht vorhersagen.
Es argumentiert aber, dass die „Folgen, die entstünden, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte“ stärker zu berücksichtigen sind als die Nachteile, „die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt würde, der Rechtsbehelf in der Hauptsache aber erfolglos bliebe“. Denn in ersterem Falle müsste der Antragsteller sinnlos umziehen.
Interessant auch die Bewertung, dass als öffentliches Interesse am Sofortvollzug nur infrage kommt, dass dem Anspruch des Antragstellers auf amtsangemessene Beschäftigung genügt wird. Wirtschaftliche Interessen der Telekom zählen hier nicht. Und ob die Beschäftigung im Call-Center hier amtsangemessen (A8) ist, ist eben sehr zweifelhaft. Die Tätigkeitsbeschreibungen der Telekom, die den Aussagen des Antragstellers widersprechen, untersucht das Gericht genau.
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VG_Schleswig-Holstein_12B53_10.pdf
VG Schleswig Holstein, Beschluss vom 04.08.2010, AZ.: 12 B 53/10

Konkretisierung beamtenrechtlicher Vorgaben nur durch AG

Verwaltungsgericht Göttingen, 3 B 24/09

Zuweisung: Aufnehmendes Unternehmen darf nicht selbstständig eine Unterwertigkeit der Tätigkeiten herbeiführen können

Das VG Göttingen lehnt sich mit dieser Entscheidung weitgehend an die Entscheidung des OVG Münster (1 B 1650/08, siehe weiter oben in unserer Datenbank) an. Kernaussage ist, dass verhindert werden muss, dass der Beamte aufgrund einer eigenständigen Entscheidung der VCS GmbH - wenngleich noch innerhalb des Aufgabenspektrums eines Service Center Agents - unterwertig (nach A6 oder A7) beschäftigt wird.
In diesem Spektrum muss das Amtsangemessene zwangsläufig vor Ort konkretisiert werden und ist damit dem aufnehmenden Unternehmen überantwortet. Das ist rechtswidrig.
Zwar waren hier im Göttinger Verfahren die Tätigkeiten im Einzelnen dargestellt, aber ohne zugeordneten speziellen Gegenstandsbereich, so dass das sich daraus ergebende Niveau nicht verdeutlicht wurde.
Also wird auch hier die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt.
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VG_Goettingen_3B24_09.pdf
Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 6. April 2009, AZ.: 3 B 24/09

Zuweisung erfordert Übertragung abstr.-funkt. Amt

Verwaltungsgericht Ansbach, AN 11 S 10.00953

Vorläufige Maßnahme zur dauerhaften Zuweisung rechtswidrig

Kommentar Rechtsanwalt Rainer Roth, Nürnberg:

Die 11. Kammer des VG Ansbach hat sich gründlich, fast wissenschaftlich mit dem Instrument der Zuweisung auseinandergesetzt. Die Zuweisung sei
verfassungsrechtlich zulässig. Und: "Begriffsvoraussetzung der Zuweisung als personalwirtschaftlichem Instrument sui generis (ist), dass mit ihr auch ein abstrakt-funktionelles Amt übertragen wird, was aus Gründen der Rechtssicherheit in ausdrücklicher und unmissverständlicher Form erfolgen muss (BVerwG vom 23.9.2004 und vom 18.9.2008 zur Versetzung, Nds OVG vom 27.1. vom 16.2.2009 und vom 28.1.2010, OVG NRW vom 16.3.2009 zur Zuweisung..)"

Das VG Ansbach kommt zum Ergebnis:
"Die Übertragung der Tätigkeit als Service Center Agent in Verbindung mit der im weiteren Text des Bescheids folgenden Aufgabenbeschreibung vermag zwar noch einen Arbeitsposten zu umschreiben, der einem konkret-funktionellen Amt vergleichbar ist. Keinesfalls ist mit dieser Bezeichnung aber eine erforderliche Gleichwertigkeitsprüfung im Sinne einer vergleichbaren beamtenrechtlichen Wertigkeit eines abstrakt-funktionellen Amts verbunden.
Die Bezeichnung Service Center Agent als solche stellt keine beamtenrechtliche Wertigkeit dar und lässt sich auch nicht ohne weiteres den Entgeltgruppen des ERTV oder gar den Besoldungsgruppen nach dem BBesG zuordnen. Sie ist daher inhaltlich zu unbestimmt, um eine wirksame Zuweisung im Sinne der Übertragung eines beamtenrechtlich vergleichbaren abstrakt-funktionellen Amts begründen zu können. Erforderlich ist vielmehr, dass die DTAG, die insoweit den Dienstherrn vertritt und diese Entscheidung auch nicht dem aufnehmenden Unternehmen überlassen darf, im Einzelfall eine nachprüfbare Gleichwertigkeitsprüfung anhand der vorgenannten normativen Voraussetzungen konkret vornimmt oder auf eine normative Regelung verweist, in der das Ergebnis einer solchen Gleichwertigkeitsprüfung vorab generell festgelegt ist. Diese Rechtslage sieht offenbar auch die DT AG so, wenn sie in der Anlage 4 ihres Zuweisungsleitfadens Maßnahmen vorsieht, die die amtsangemessene Beschäftigung im Fall der Zuweisung sicherstellen sollen.
Denn dort ist eine interne Aussage zur Klassifizierung der wahrzunehmenden Tätigkeit, die Vorlage einer Funktions- bzw. Tätigkeitsbeschreibung mit Eingruppierung nach ERTV sowie einer Wertigkeitsprüfung gemäß ERTV und freiwilliger KBV Beamtenbewertung vorgeschrieben. Dies ist vorliegend nicht in ausreichendem Umfang geschehen."
Ergänzend ist anzumerken, dass die Funktionsämter im Gegensatz zum Statusamt immer an eine Behörde anknüpfen. Gleiches muss für die Zuweisung gelten. Ob man generell der VCS GmbH zugewiesen wird und am Standort Regensburg zu arbeiten hat, ist etwas anderes als die Zuweisung von Amt und Tätigkeiten am Standort Regensburg der VCS GmbH. Letzteres entspricht der Anbindung der Funktionsämter an eine Behörde. Die generelle Zuweisung zur Tochter löst diese Anbindung und eröffnet die Möglichkeit, bei Standortwechseln analog einer arbeitsrechtlichen Versetzung oder einer beamtenrechtlichen Umsetzung
zu argumentieren. Schließlich sei der Beamte ja der VCS GmbH zugewiesen...
Die Loslösung einer Zuweisung von einer Behörde oder Arbeitstelle ist mit den hergebrachten Grundsätzen des Beamtenrechts nicht zu vereinbaren und ist nach meiner Ansicht verfassungswidrig.
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VG_AnsbacH_AN11S10_00953.pdf
VG Ansbach, Beschluss vom 02. Juni 2010, AZ.: AN 11S 10.00953

Tätigkeiten auch für A8 nicht angemessen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, 1 B 1541/09

Parallelurteil zum vorigen: Tätigkeiten auch unter dem Label „Serviceoperator“ nicht angemessen

Während in 1 B 1556/09 von der Telekom Tätigkeiten eines „Servicemanagers“ für A9 als amtsangemessen angegeben wurden, die konkreten Tätigkeiten sich aber als unterwertig entpuppten, trifft hier dasselbe auf „Serviceoperatoren“ mit Äquivalent zu A 8 zu.
Wir empfehlen den Beschluss ebenso wie den vorigen auch wegen weiterer Überlegungen zur Durchsicht! Z.B. die offenen Fragen S. 11f oder die Formulierung S. 8: „Eine amtsangemessene Beschäftigung der Antragstellerin setzt aber gerade ein solches Aufgabenfeld voraus, das ohne eine solche Ausbildung und ohne in höheren Laufbahnämtern gesammelte Berufserfahrung nicht zu bewältigen wäre.“
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OVG_NRW_1B1541_09.pdf
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2010, AZ.: 1 B 1541/09

einstweiliger Rechtsschutz: Vorinstanz bestätigt

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, 1 B 1556/09

Zuweisung: Tätigkeit weicht in der Praxis von Aufgabenkatalog ab
Auch neue Zuweisungswelle nicht rechtskonform

Das OVG NRW bestätigt in einigen parallelen Verfahren (OVG NRW 1B 1556/09, 1 B 1557/09, 1 B 1558/09 und 1 B 1541/09) die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen Zuweisungen als Servicemanager bzw. -operator bei der VCS GmbH.
In den vorliegenden Beschlussverfahren gegen die Rechtmäßigkeit der Zuweisungen machen die Richter des 1. Senats geltend, dass das Aufgabenfeld mit der Zuweisung nicht hinreichend bestimmt und somit die amtsangemessene Beschäftigung nicht gewährleistet ist (und das, obwohl sich die Telekom - so erkennt das Gericht an - Mühe gegeben hat, das Tätigkeitsspektrum deutlicher als früher herauszuarbeiten und die Wertigkeiten etwas genauer anzugeben). In die gleiche Kerbe haut die Argumentation, die ebenfalls aus der Vorinstanz zitiert wird, dass die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass das Tochterunternehmen den Aufgabenkreis noch substanziell verändert (Referenzen jeweils aus OVG NRW 1 B 1556/09, hier S. 2 und 3).
Die mangelnde Bestimmtheit der Aufgabenbereiche der Zuweisung (hier "Servicemanager" parallel A8/9 bei VCS, dasselbe trifft aber auch auf den "Serviceoperator" parallel A7/8 zu) wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass es sich um "relativ neue Dienste" handelt (S.4). Auf dieser ersten Schiene ist klar, dass nach Art. 33 Abs. 5 GG und § 4 Abs. 4 PostPersRG neben dem Statusamt auch Funktionsämter gegeben sein müssen (S.4 und 5), bei den Aktiengesellschaften der Postnachfolgegesellschaften diesen "gleichwertige Tätigkeiten". Wenn sich die Telekom "nicht in der Lage glaubt, alle bei ihr tätigen aktiven Beamten amtsangemessen zu beschäftigen", dann sind "diese gleichsam "hausgemachten" Probleme … rechtlich unbeachtliche Folgen einer Personalpolitik, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Status nicht hinreichend berücksichtigt hat." (S. 6)
Fazit: Amtsangemessene Beschäftigung, und das bedeutet: Vorliegen von abstraktem und konkretem Funktionsamt und Übereinstimmung dieser mit dem Statusamt ist unabdingbar.

Der Senat hat herausgearbeitet, dass die de fakto ausgeübten Tätigkeiten bei VCS nicht amtsangemessen sind. Hier ging es nämlich nur um einfache Serviceannahme. Der eidesstattlichen Versicherung der Beamten war zu entnehmen, dass von den in der Zuweisungsverfügung angeführten Tätigkeiten ("Aufträge aus dem Business- und Lösungsbereich annehmen, klassifizieren und entsprechend der Klassifizierung weiterleiten; Aufträge in Systeme einstellen; Qualifizierte Entstörungsaufträge erstellen und entgegennehmen" u.a.) nur eine Störungsannahme übrig blieb, in deren Rahmen teilweise zwecks Messung ein Knopf zu betätigen war. Diese Tätigkeit wurde auch von Leih- und Zeitarbeitnehmern durchgeführt. Die Argumente der Telekom dazu schlugen zu ihrem Nachteil aus: Wenn es sich um eine Einarbeitung gehandelt habe, sei diese ja eben offenbar zu dieser unterwertigen Tätigkeit gegeben gewesen, so das Gericht. Und wenn bei den Leih- und Zeitarbeitnehmern ein technisches Verständnis vorausgesetzt werde, so bedeute dies ja letztlich nur, dass dieses (schwer objektivierbare Vermögen) ausreiche, um die Aufgaben wahrzunehmen, so das Gericht sinngemäß. Auch nicht durchschlagend war die Argumentation der Telekom, wenn doch statt der angegebenen Tätigkeiten nur einzelne daraus ausgeübt würden, so seien doch alle für sich einzeln schon amtsangemessen, denn das sind sie ja eben gerade nicht. Außerdem überschreitet das aufnehmende Unternehmen durch die Einschränkung der Tätigkeiten sein betriebliches Direktionsrecht nach § 4 Abs. 4 Satz 8 PostPersRG (S. 9). Das aufnehmende Unternehmen soll sich nämlich grundsätzlich nicht mit Fragen der amtsangemessenen Beschäftigung beschäftigen müssen (S. 10).
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OVG_NRW_1B1556_09.pdf
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2010, AZ. 1 B 1556/09

Doch aufschiebende Wirkung des Widerspruchs

Verwaltungsgerichtshof Bayern, 15 CS 10.440

VG beachtete ärztliche Feststellung zu wenig

Der VGH Bayern hob den entgegenstehenden Beschluss des VG München auf, weil die Aufgabenbeschreibung der Zuweisung zu VCS „entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts eine Reihe sogenannter (kundenseitig gesteuerter) Inbound-Tätigkeiten, u.a. …“ umfasst, für die die Antragstellerin nach den Feststellungen der Betriebsärztin gesundheitlich nicht geeignet ist (R.-Nr. 8). Also ist die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht zumutbar (R.-Nr. 7), was aber nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG Voraussetzung ist. Insofern ist im vorläufigen Rechtsschutz (vgl. R.-Nr. 6) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Das Gericht stellt fest, dass mit der dauerhaften Zuweisung ein Amt im konkret-funktionellen Sinn übertragen wird (R.-Nr. 8). Auf die Frage nach dem abstrakt-funktionellen Amt brauchte es wegen der gesundheitlichen Nichtzumutbarkeit der Tätigkeit nicht eingehen (vg. R.-Nr. 9).
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VGH_Bayern_15CS10_440.pdf
VGH Bayern, Beschluss vom 31.03.2010, AZ.: 15 CS 10.440

vorläufige Zuweisung: Umzug nicht zumutbar

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 4 S 2387/09

VGH Baden-Württemberg: GBV Ratioschutz up to date!

Anmerkung zur Entscheidung von Rechtsanwalt Christian Loh, Bad Berleburg:

Auch in Baden-Württemberg wurde nunmehr eine temporäre Zuweisung als rechtswidrig eingestuft. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 12.03.2010 dabei insbesondere auf die Fürsorgepflicht des Dienstherren und die Bindungswirkung der GBV Rationalisierungsschutz abgestellt. Eine Gesamtwegezeit von 4 ¾ Stunden wurde hier als unzumutbar erachtet. Der Schutz der Familie wurde dabei noch einmal in den Vordergrund gerückt. Das Gericht unterstrich auch noch mal die Fortgeltung der GBV Rationalisierungsschutz über den 31.12.2008 hinaus. Nicht zuletzt stellten die Richter klar, dass die DTAG stets Beschäftigungsmöglichkeiten in Wohnortnähe prüfen muss und daneben auch zur Begründung des dringenden dienstlichen Bedürfnisses prüfen muss, ob nicht andere Beamte für die Tätigkeit bereit stehen, die einen geringeren Anfahrtsweg haben.
Dateianhänge
VGH_Baden_Wuerttemberg_4S2387_09.pdf
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.03.2010, AZ.: 4 S 2387/09

Jetzt anders herum: Zuweisung muss bestehen bleiben

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 7413/09

Widerruf einer Zuweisung musste zurückgenommen werden

Die Klägerin, die gerne ihre zugewiesene Tätigkeiten der ActiveBilling GmbH & Co. KG ausübte, wandte sich gegen den Widerruf der Zuweisung. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Widerrufsbescheid aufgehoben mit der Begründung, durch den Widerruf dürfe man nicht in einen Zustand ohne abstrakt-funktionelles Amt zurückfallen.

Zitat aus dem Urteil, S. 4 (in dem erwähnten „ersten Schreiben“ geht es um das Anhörungsschreiben zur nun beabsichtigten Zuweisung zur VCS):
Dabei wird in dem ersten Schreiben ausdrücklich ausgeführt, es stünden „für Ihr Anforderungsprofil bei der Deutschen Telekom AG keine dauerhaften Arbeitsplätze zur Verfügung.“ Die Beklagte räumt damit selbst ein, dass sie den Anspruch der Klägerin auf amtsangemessene Beschäftigung nicht erfüllen werde.
Mit folgendem Satz nimmt das Gericht Bezug auf die BVerwG-Urteile vom 22.06.2006, 2 C 26.05 und vom 18.09.2008, 2 C 126.07, wobei mit "sie" die Telekom gemeint ist:
Auf einen bei ihr bestehenden "Personalüberhang" mit der Folge fehlender Einsatzmöglichkeiten kann sie sich in diesem Zusammenhang nicht berufen, denn dieser Personalüberhang steht nicht im Einklang mit der Rechtsordnung. (S.3)

Kommentar Rechtsanwalt Helmut Legarth, Recklinghausen:
Streitgegenstand im Verfahren 10 K 7413/09 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf war die Frage, ob die DTAG berechtigt war, eine Zuweisung zu widerrufen. Das Gericht verneint das Recht unter Hinweis darauf, dass das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt wurde. Es macht zur Begründung Ausführungen, die über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsam sind.

Das Gericht betont, dass der Beamte einen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Übertragung bzw. Belassung eines abstrakt-funktionellen und konkret-funktionellen Amtes hat. Jede Maßnahme, die in diesen gesicherten Kernbestand eingreift, erweist sich als rechtswidrig. Der Beamte darf nicht in einen Zustand ohne abstrakt-funktionelles Amt überführt werden oder zurückfallen.

Neben diesen amtsbezogenen Aussagen weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass sich die DTAG nicht auf einen bei ihr bestehenden Personalübergang und dadurch bedingte fehlende Einsatzmöglichkeiten berufen kann. Insoweit wird die Grundposition aufgegriffen, die das Bundesverwaltungsgericht mehrfach in den Verfahren vertreten hat, in denen es um die Reaktivierung vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter der DTAG ging. Das oberste Bundesgericht hatte betont, dass die DTAG die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht unter Hinweis auf den Personalüberhang an Beamten verweigern kann, da dieser nicht in Einklang mit der Rechtsordnung steht. Die sich aus Art. 143 b Abs. 3 Satz 1 GG ergebende verfassungsrechtliche Pflicht, die Rechtsstellung der Beamten der früheren Bundespost zu wahren, verbietet es, sie entgegen Art. 33 Abs. 5 GG einem Personalüberhang zuzuweisen. Denn dadurch werden die Beamten auf unabsehbare Zeit in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit versetzt. (BVerwG, Urteile vom 25.06.2009, 2 C 68.08 und 2 C 74.08)
Dateianhänge
VG_Duesseldorf_10K7413_09.pdf
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2010, AZ.: 10 K 7413/09

Harte Kriterien an Zuweisung anzulegen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 15 B 09.2622

Statusangemessenes Funktionsamt darf nicht entzogen werden
In zweiter Instanz wurden Zuweisungsbescheid und Widerspruchsbescheid zur Zuweisung zur DT NP GmbH aufgehoben

Mit der befristeten Zuweisung wird dem Beamten kein abstraktes Funktionsamt bei dem Tochterunternehmen übertragen und es wird ihm außerdem sein bisheriges abstrakt-funktionelles Amt entzogen. Im konkreten Fall existiert nämlich die Niederlassung, bei der er vorher war, gar nicht mehr. Deshalb kann er auch nach Beendigung der Zuweisung nicht auf sein bisheriges Amt „zurückfallen“, eine wichtige Überlegung hinsichtlich der Stabilität des Amtes, des Anspruchs auf gleichberechtigte Chancen bei der Bewerbung um frei werdende Dienstposten oder Beförderungsstellen und für die Wahrnehmung von Teilhaberechten, wie das Gericht feststellt (R.-Nr. 20). Die „Zuordnung des Klägers zu einer lediglich personalverwaltenden Stelle genügt den Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG nicht“ (R.-Nr. 20). Der Beamte hat eine Beschäftigungssituation wie ein Leiharbeiter.

Kommentar:
Rechtsanwalt Rainer Roth
Damit ist die Befristung der Zuweisung vom Tisch. Das Urteil enthält aber ein "obiter dictum" (richterliche Aussage über den Streitgegenstand hinaus):

"Von einer dauerhaften Einbindung bei einem privaten Unternehmen, die der Übertragung eines abstrakten Funktionsamtes gleichgesetzt werden könnte, kann nur gesprochen werden, wenn der zugewiesene Beamte dauerhaft mit einem neuen Kreis von Arbeitsposten verbunden wird, ...."

Danach "könnte" die dauerhafte Zuweisung mit der Übertragung eines abstrakten Funktionsamts gleich gesetzt werden. Es ist offensichtlich, dass hier demnächst "die Musik spielt". Für die dauerhaften Zuweisung ab 07/10 wird neben der Amtsangemessenheit diese Frage von entscheidender Bedeutung sein. Kann ein abstraktes Funktionsamt bei einem privaten Dritten angesiedelt sein, dem keine Dienstherreneigenschaft übertragen wurde? Ich persönlich halte das für sehr bedenklich. Zugewiesen werden können Tätigkeiten, aber keine Ämter.
Keine Zuweisung ist dauerhaft. Selbst ohne Befristung kann sie widerrufen und aufgehoben werden. Möglicherweise wird sie mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Der BayVGH hat in einem weiteren "obiter dictum" in anderen Fällen sich über die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs bereits Gedanken gemacht.
Danach ist ein Widerruf nur möglich, wenn er verfassungs- und beamtenrechtskonform ausfällt. Sprich: ein Widerruf in die "Untätigkeit" mangels Behördenexistenz ist nicht möglich. Ebenso wenig ein Widerruf, ohne dass positiv festgelegt wird, wo nach dem Widerruf der Beamten mit welcher Tätigkeit arbeiten soll. Es ist offensichtlich: Die Vivento-Situation wird sich in Zukunft bei der Zuweisung wiederholen!

Übrigens: Die überwiegende Mehrzahl der Verwaltungsgerichte hatte in den Eilverfahren die befristete Zuweisung als zulässig erachtet. Das Urteil hier lehrt, dass man sich nicht entmutigen lassen soll, trotz des bürgerfeindlichen Systems der Notwendigkeit einer Berufungszulassung. Die Berufungszulassung (das heißt in der Praxis: die Nichtzulassung der Berufung) würgt die Rechtsentwicklung ab, statt sie zu fördern. Erstinstanzlich hatte die Telekom AG unserem Antrag auf Sprungrevision zugestimmt. Das erstinstanzliche Gericht hatte diese übereinstimmende Willenserklärung der Prozessparteien ignoriert und zugleich die Berufung nicht zugelassen. Neben dem Ärgernis, für die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsakten bereits am Anfang des Prozesses drei Gerichtsgebühren zahlen zu müssen (die Situation ist mit der vor Zivilgerichten nicht vergleichbar), ist der Zwang der Berufungszulassung der größte Hemmschuh für die Rechtsentwicklung. Dies ist politisch gewollt.
Dateianhänge
VGH_Bayern_15B09_2622.pdf
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28.01.2010, AZ.: 15 B 09.2622

Beschwerde verworfen

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, 5 ME 262/09

Telekom hat sich bei der Beschwerde nicht hinreichend mit der Nichtübertragung eines konkret-funktionellen Amtes bei der Zuweisung auseinandergesetzt

Sie habe, so das Gericht, dies (Übertragung des konkret-funktionellen Amtes) unzulässigerweise dem Tochterunternehmen überlassen (S.4).
Der Senat zitiert seine eigene Definition der „Doppelnatur“ der Zuweisung.

Der Begriff der dauerhaften Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit umfasst zweierlei:
„Er beinhaltet zum einen die dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „abstrakten“ Tätigkeit, worunter die Begründung einer dauerhaften Bindung zwischen der Beamtin und einem Kreis von Arbeitsposten zu verstehen ist, die bei einer Organisationseinheit – wie z.B. einer Filiale, einem Betrieb oder einem Werk – eines Tochter- oder Enkelunternehmens oder einer Beteiligungsgesellschaft des Postnachfolgeunternehmens (hier: Deutsche Telekom AG) auf Dauer eingerichtet und ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne als gleichwertige Tätigkeiten zugeordnet sind. Es enthält zum anderen die Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „konkreten“ Tätigkeit, und zwar in Gestalt der erstmaligen Übertragung eines derjenigen Arbeitsposten, zu deren Kreis mit der dauerhaften Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „abstrakten“ Tätigkeit eine Bindung begründet wird.“ (S.4)
Dateianhänge
OVG_Niedersachsen_5ME262_09.pdf
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss vom 28.01.2010, AZ.: 5 ME 262/09

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