Gerichtsentscheidungen u. Hinweise für Arbeitnehmer allgemein

Hier findest Du wichtige Gerichtsentscheidungen

Urlaub verjährt nur, wenn der Arbeitnehmer vorher auf seinen Urlaubsanspruch hingewiesen wurde

EuGH: Keine Verjährung des Urlaubsanspruchs ohne Aufforderung zum Urlaub
Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 20.12.2022, Aktenzeichen.: 9 AZR 266/20

Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen ist an das Kalenderjahr gebunden. Wurde er seitens des Beschäftigten nicht genommen, verfällt er Ende Dezember. Diese Frist verlängert sich bis spätestens Ende März des Folgejahrs, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe dem Urlaub bis zum Jahresende entgegenstehen. Von diesen Grundsätzen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG § 7 Abs 3) können tarifvertragliche Regelungen im rechtlich gesteckten Rahmen abweichen.

So schreibt zum Beispiel der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der DTAG einen höheren Urlaubsanspruch fest. Bei einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf regelmäßig fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Erholungsurlaub je Urlaubsjahr 30 Arbeitstage, für Teilzeitkräfte entsprechend anteilig. Er muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Erfolgt eine Übertragung, muss der Erholungsurlaub bis spätestens 31. März des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht bis zu diesem Zeitpunkt angetreten werden, so verlängert sich dieser Übertragungszeitraum bis zum 30. April des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres. Für die Gewährung und den Verfall der 14 EZA-Tage gelten besondere Regelungen.

BUrlG-Hinweispflicht versus BGB-Verjährungsfrist
Unabhängig davon, ob die gesetzlichen Mindesturlaubsansprüche oder tarifliche Regelungen die Grundlage bilden, gilt: Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmenden rechtzeitig auf die Gefahr des Urlaubsverfalls hinweisen und sie zum Urlaub auffordern. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, gehen nicht genutzte Urlaubssprüche nicht am Jahresende unter. Sie treten zum Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzu. Demzufolge kann es passieren, dass Arbeitnehmende über Jahre hinweg immer größere Urlaubsansprüche erwerben. Die gängige Rechtsprechung zeigt, dass sich der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht diesbezüglich einig sind (z.B.: BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15 bzw. EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C-684/16).

Findige Arbeitgeber witterten diesbezüglich ein rechtliches Schlupfloch im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 195): Demnach beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt. (§ 199 Abs.1 BGB). Somit könnten Arbeitgeber darauf spekulieren, dass der Zahn der Zeit die ungenutzten Urlaubsansprüche zu ihren Gunsten ausradiert.

Gesundheitsschutz übertrumpft Verjährungsfrist
Derartigen Strategien erteilte der EuGH die Rote Karte (EuGH, Urteil vom 22.09.2022, C-120/21). Die Anwendung nationaler Verjährungsvorschriften auf ältere Urlaubsansprüche würde den Arbeitnehmer- und Gesundheitsschutz abschwächen. Genau darauf kommt es bei gesetzlich zugesicherten Mindesturlaubsansprüchen und ihren tariflich festgeschriebenen Pendants aber an. Sie sind somit nicht nur bedeutender als etwaige Verjährungsvorschriften und müssen ohne zeitliche Grenzen zugunsten des Arbeitnehmenden rechtlich gesichert sein. Es wäre unlogisch, den Arbeitgeber für das Missachten seiner Hinweispflichten mit der Verjährung der nicht erfüllten Urlaubsansprüche gewissermaßen zu belohnen. Das gliche einer unrechtmäßigen Bereicherung der Arbeitgeber, vor der die EU-Grundrechte-Charta die Beschäftigten schützt (Art. 31 Abs. 2). Das Blatt wendet sich selbstverständlich, wenn der Arbeitgeber ordnungsgemäß seine Arbeitnehmenden auf die ungenutzten Urlaubsansprüche aufmerksam macht und die Gefahr verdeutlicht, dass sie aufgrund gesetzlich definierter Fristen untergehen könnten.

Beschränkte "Haltbarkeit" der Urlaubsansprüche bei langen Erkrankungen
Differenzierter beurteilte das EuGH die Sachlage in Fällen einer längeren krankheitsbedienten Arbeitsunfähigkeit. Wenngleich Urlaubsansprüche aus Sicht der erkrankten Beschäftigten schützenswert sind, können die berechtigten Interessen der Arbeitgeber nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Sie müssen bei Langzeiterkrankungen davor bewahrt werden, dass nicht erfüllte Urlaubsansprüche unbegrenzt anwachsen. Laut EuGH-Rechtsprechung können sie 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahrs verfallen, also am 31. März des übernächsten Jahres.

Versetzung eines schwerbehinderten Tarif-Beschäftigten von Bonn an den TPS-Standort Darmstadt gestoppt

Arbeitsgericht Bonn Aktenzeichen: 2 Ca 2262/20

Versetzung eines schwerbehinderten Tarif-Beschäftigten von Bonn an den TPS-Standort Darmstadt gestoppt

Kommentar von Manuela Wieland, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeits- und Verwaltungsrecht, Bonn
Streitgegenstand der Entscheidung des ArbG Bonn war die Versetzung eines schwerbehinderten Tarif-Beschäftigten von Bonn an den Standort TPS in Darmstadt.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der beabsichtigten Versetzung mit der Begründung stattgegeben, dass die Beklagte bei der Ausübung ihres Direktionsrechts die Grenzen billigen Ermessens wegen nicht hinreichender Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers überschritten habe.
Der Arbeitsvertrag des Klägers beinhaltete eine Versetzungsklausel, so dass die Zuweisung einer Arbeitsaufgabe und eines Arbeitsortes grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. §§ 106 GewO, 315 BGB unterlag. Das ArbG führt in seiner Entscheidung aus, dass bei einem schwerbehinderten Beschäftigten die Ermessensentscheidung allerdings unter Berücksichtigung von § 164 SGB IX zu treffen ist. § 164 SGB IX enthalte insoweit eine gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Die Versetzungsentscheidung unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens trägt der Arbeitgeber.

Das ArbG führt aus, dass dieser daher auch das Risiko der Unwirksamkeit seiner Maßnahme trage, wenn er wesentliche Aspekte unberücksichtigt lasse, die ihm hätten bekannt werden können. Aufgrund der Fürsorgepflicht gegenüber schwerbehinderten Beschäftigten sei die Beklagte gehalten gewesen, vor Ausübung ihrer Ermessensentscheidung die bestehenden Gesundheitsbeschränkungen des Klägers zu überprüfen. Der Kläger hatte im Rahmen der Anhörung zur Versetzung ausdrücklich angeboten, ein ärztliches Attest zu seinen Gesundheitseinschränkungen beizubringen. Von der Möglichkeit der Anforderung eines entsprechenden Attestes hatte die Beklagte keinen Gebrauch gemacht, ebenso wenig hatte sie ein betriebliches Eingliederungsmanagement abgeschlossen, oder den Kläger seitens eines Betriebsarztes auf bestehende gesundheitliche Einschränkungen untersuchen lassen.
Die Beklagte hatte sich lediglich darauf beschränkt die Angaben des Klägers in Bezug auf seine Schwerbehinderung und die bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen pauschal zu bestreiten, dies reicht nach Ansicht des ArbG Bonn nicht aus.

Ein weiterer Aspekt der Entscheidung war, dass sich der Kläger hinsichtlich der Unwirksamkeit der Versetzung nach Darmstadt auch auf andere wohnortnähere Beschäftigungsmöglichkeiten berufen hatte.
Hierzu führt das ArbG Bonn aus, dass ein Arbeitnehmer im Versetzungsprozess zwar grundsätzlich gehalten sei, konkret darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine konkrete freie Stelle, habe sich der Arbeitgeber dann allerdings substantiiert zur Möglichkeit der Besetzung dieser Stelle einzulassen. Auch hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber im Rahmen des § 164 SGB IX verpflichtet sei, einen geeigneten Arbeitsplatz für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer freizumachen, solange dies im Rahmen seines Direktionsrechts liege.

Fazit: bei der Anhörung zur beabsichtigten Versetzung sollten schwerbehinderte Arbeitnehmer auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinweisen und ggfl. die Einholung von ärztlichen Stellungnahmen anbieten. Zudem sollten Beschäftigte im Stellenportal des Arbeitgebers nach wohnortnäheren Beschäftigungsmöglichkeiten suchen und sich auf andere wohnortnähere und passende Stellen auch aktiv bewerben.
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Arbeitsgericht Bonn, Aktenzeichen: 2 Ca 2262/20

Verfall von Urlaubsanspruch nach krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 9 AZR 214/19

Befristet ein Tarifvertrag den Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub eigenständig und verlangt er zudem, dass der Arbeitnehmer den Mehrurlaub zur Meidung seines Verfalls vor einem bestimmten Termin geltend zu machen hat, trägt - abweichend von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG - regelmäßig nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer die Initiativlast für die Verwirklichung des Mehrurlaubsanspruchs.
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Bundesarbeitsgericht 9 AZR 214/19

DTAG muss Beschäftigungsanspruch ggfs. durch Anweisung an Tochtergesellschaften erfüllen

Landesarbeitsgericht Hamburg, 8 Sa 50/13
DTAG muss Beschäftigungsanspruch ggfs. durch Anweisung an Tochtergesellschaften erfüllen

Zitat aus der o.g. Gerichtsentscheidung: „Die Beklagte kann  sich auch nicht darauf beruhen, zu einer tatsächlichen Beschäftigung des Klägers nicht in der Lage zu sein. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte in ihrer eigenen betrieblichen Organisation keine Servicetechniker beschäftigt.  Als Konzernobergesellschaft hat sie jedoch bestimmenden Einfluss auf ihre  Tochtergesellschaften, bei  denen  - wiederum unstreitig - Servicetechniker eingesetzt werden. Die Beklagte kann den auf dem zwischen dem Kläger und ihr bestehenden Arbeitsverhältnis beruhenden Beschäftigungsanspruch des Klägers erfüllen, indem sie eine ihrer Tochtergesellschafen anweist, den Kläger zu beschäftigen“
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Landesarbeitsgericht Hamburg, 8 Sa 50/13

Betriebsübergang - Verwirkung - Neuer 7-Jahreszeitraum

Bundesarbeitsgericht Köln vom 24.08.2017, Az.: 8 AZR 265/16

Betriebsübergang - Verwirkung - Neuer 7-Jahreszeitraum
Ein Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Eine jüngste Entscheidung des 8. Senates (seit 01.09.2015 unter Vorsitz von Frau Prof. Dr. Schleswing) des Bundesarbeitsgerichtes hat abermals gezeigt, dass sich die Rechtsprechung zur vorherigen Senatsbesetzung geändert hat. Dies gerade im Hinblick auf die Verwirkung beim erklärten Widerspruch des Arbeitnehmers zum Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebserwerber.

Dem Sachverhalt lag eine Ausgliederung einer Betriebseinheit Kundenservice der Deutschen Telekom AG zur VCS GmbH (Vivento Customer Services GmbH) vom 01.09.2007 zugrunde, also ein Teilbetriebsübergang im rechtlichen Sinne. Am 26. Mai 2011 hatte das Bundesarbeitsgericht (Az.: 8 AZR 18/10) entschieden, dass keine ordnungsgemäße Unterrichtung zum Betriebsübergang erfolgt war. Mit der Konsequenz, dass die im Gesetz vorgesehene 1-Monatsfrist nach Zugang der Unterrichtung für die Erklärung des Widerspruchs nicht zu laufen begonnen hatte.

Bei ordnungsgemäßer Unterrichtung muss der Arbeitnehmer innerhalb eines Monates widersprechen, ansonsten geht das Arbeitsverhältnis auf den neuen Betriebserwerber über. Einer Begründung des Widerspruchs bedarf es nicht.

Vorliegend hatte der vom Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erst später über einen Kollegen von der damaligen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im 05/2011 erfahren und erklärte den Widerspruch des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber im Juli 2014.

Es stellte sich nun die Frage, ob er sein Widerspruchsrecht verwirkt hatte.

Der Arbeitnehmer muss dafür seine Rechte längere Zeit nicht geltend machen (sogenanntes Zeitmoment). Außerdem muss er unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Arbeitgeber sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (sogenanntes Umstandsmoment). Das Erfordernis des Vertrauensschutzes muss auf Seiten des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG vom 24.08.2017, Az.: 8 AZR 265/16, Rdnr. 18).

Der Arbeitnehmer hatte beim Betriebserwerber nur weiter gearbeitet. Einen neuen Arbeitsvertrag oder sonstige Vereinbarungen unterschrieb er nicht. Aufgrund der tariflichen Bestimmungen änderten sich das Gehalt und die wöchentliche Arbeitszeit. Um in den einzelnen Projekten des neuen Arbeitgebers weiterarbeiten zu können, musste er verschiedene Schulungen absolvieren. Andere Dispositionen über den Bestand des Arbeitsverhältnisses machte er nicht, er arbeitete nur weiter.

Das Bundesarbeitsgericht beantwortet die Frage dahingehend, dass der Arbeitnehmer über einen Zeitraum von mindestens 7 Jahren, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, für den neuen Inhaber tätig gewesen sein muss. "In einem solchen Fall ist das Widerspruchsrecht regelmäßig verwirkt" (BAG, a.a.O., Rdnr. 24).

Vorliegend hatte der Arbeitnehmer Glück, da er noch keine 7 Jahre für den neuen Inhaber arbeitete als er den Widerspruch erklärt hatte, sodass er obsiegte und das Arbeitsverhältnis zu den alten Konditionen bei der Deutschen Telekom AG fortbestand.

Anmerkung:
Dieser 7-Jahres-Zeitraum steht nicht im Gesetz. Er wurde vom 8. Senat hergeleitet und neu geschaffen (ich empfehle, die Einzelheiten in der Entscheidung vom 24.08.2017, Az.: 8 AZR 265/16 nachzulesen). Es dürfte auf der Hand liegen, dass nur die allerwenigsten Arbeitnehmer diese neue Frist künftig kennen werden. Auch vermute ich, dass selbst die Arbeitsrechtler, geschweige denn die Rechtsanwälte diese Rechtsprechung bei künftigen Betriebsübergangsfällen parat haben. Ich bezweifle, dass es einer solchen zeitlichen Grenzziehung bedurft hätte. Argument hierfür ist die dadurch gewonnene Rechtssicherheit, allerdings zu Lasten des Arbeitnehmers, wenn dieser aus Zufall einige Zeit nach Ablauf des 7-Jahres-Zeitraumes widersprochen hat. Insofern hilft es auch wenig, wenn das BAG von regelmäßig 7 Jahren spricht. Es stellt sich die Frage, wann ein Ausnahmefall vorliegen soll. Hierzu finden sich keine Ausführungen in der zitierten Entscheidung.
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Bundesarbeitsgericht Köln vom 24.08.2017, Az.: 8 AZR 265/16

Unzulässige Wiederholungskündigung

Landesarbeitsgericht Köln vom 16.11.2016, Az.: 5 Sa 1183/15

Unzulässige Wiederholungskündigung
Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Bei einer Änderungs- oder auch Beendigungskündigung sollte auch geprüft werden, ob bereits zuvor - möglicherweise sogar Jahre zuvor - eine vorherige Kündigung ausgesprochen und diese Kündigung durch rechtskräftiges Urteil zurückgewiesen wurde. Falls dies der Fall ist, kann eine unzulässige Wiederholungkündigung vorliegen.

Dabei muss es sich um den gleichen Kündigungsgrund handeln und das erste Gericht muss sich inhaltlich damit auseinandergesetzt haben. Vorliegend hatte sich die Deutsche Telekom AG auf dieselbe unternehmerische Entscheidung berufen, nämlich die betriebsbedingte Auflösung der Entwicklungszentren. Bereits das erste Gericht hatte diesen Kündigungsgrund geprüft und für unwirksam erachtet. Damit war das zweite Gericht, also das LAG Köln von einer erneuten materiellen Prüfung ausgeschlossen.

Fazit:

Gerade bei Telekommitarbeitern, die z. B. bei TPS sind und mitunter bereits längere Zeiten ohne Beschäftigung haben, kann es durchaus vorkommen, dass derartige unzulässige Wiederholungskündigungen ausgesprochen werden - auch wenn Jahre dazwischen liegen.
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5 Sa 1183_15.pdf
5 Sa 1183/15

Unwirksame Änderungskündigungen bei Schließung DTDB

Bundesarbeitsgericht vom 17.02.2016, Az.: 2 AZR 613/14
Bundesarbeitsgericht vom 01.03.2016, Az.: 2 AZR 838/14


Unwirksame Änderungskündigungen bei Schließung Deutsche Telekom Direktvertrieb und Beratung
Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Das Bundesarbeitsgericht hat in den zitierten Entscheidungen letztinstanzlich entschieden, dass die betriebsbedingten Änderungskündigungen der Arbeitsverhältnisse von zwei Mitarbeitern des Betriebes Deutsche Telekom AG Direktvertrieb und Beratung nebst Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento unwirksam waren. Zuvor wurde bei den Arbeits- und Landesarbeitsgerichten hierüber heftig gestritten, insbesondere auch schwerpunktmäßig zur Frage, ob die Änderungskündigung wirksam sein könne in Anbetracht der Tatsache, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag TV-Ratio der Telekom Deutschland GmbH (TDG) zum Kündigungszeitpunkt noch gar nicht wirksam abgeschlossen war. Außerdem wurden noch etliche weitere Argumente hervorgebracht. Auf diese kam es jedoch beim Bundesarbeitsgericht nicht mehr an, da das Bundesarbeitsgericht die betriebsbedingten Änderungskündigungen aufgrund der Unbestimmtheit des Änderungsangebotes als unwirksam ansah.

I. Zum Sachverhalt

Die Klägerinnen waren bei der Deutschen Telekom AG seit 1987 bzw. 1972 beschäftigt, zuletzt im Betrieb Direktvertrieb und Beratung. Es fanden die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Aufgrund eines Tarifvertrages Bereichsausnahme für den Betrieb Direktvertrieb und Beratung sollten die Tarifverträge der Telekom Deutschland GmbH (TDG) Anwendung finden.
Ein TV-Ratio der TDG war entgegen der Unterschriftszeile mit dem Datum 01.04.2010 im Juli 2013 abgeschlossen worden.
Der Betrieb DTDB wurde zum 31.07.2013 stillgelegt.
Mit Schreiben vom 08.07.2013 wurden die Arbeitsverhältnisse mit einer Kündigungsfrist von drei Wochen gekündigt. Zugleich wurde den Klägerinnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento zu den in Abschnitt 1 des Tarifvertrages TV-Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen angeboten. Beide Klägerinnen nahmen des Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an. Sie erhoben innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist Klage mit unterschiedlichen Argumenten unter anderem, dass der besondere tarifvertragliche Kündigungsschutz missachtet wurde, wegen fehlender sozialer Rechtfertigung, wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit des Änderungsangebotes, wegen unzulässiger Kündigungsfrist, etc.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Erst das Bundesarbeitsgericht gab den Klägerinnen Recht und entschied, dass die Änderungskündigungen unwirksam waren. Die Urteile der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte wurden aufgehoben.

II. Begründung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das mit der Kündigung vom 08.07.2013 verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt war. Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres annehmen kann. Es muss ihm klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebotes treffen.
Das vorliegende Änderungsangebot lautete auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento zu den im Tarifvertrag TV-Ratio TDG genannten Bedingungen. Diese Bedingungen waren jedoch zu dem Zeitpunkt des Zuganges nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar, da dieser Tarifvertrag TV-Ratio TDG noch nicht existierte. Es lag nur ein Entwurf vor, aber noch kein Tarifvertrag unter Wahrung der zwingend erforderlichen Schriftform. Solange der Tarifvertrag TV-Ratio TDG nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde.
Soweit die Arbeitgeberin auf eine finalisierte Fassung des Tarifvertrages im Intranet verwies, kam es hierauf nicht an, da ein solches Änderungsangebot schlichtweg nicht unterbreitet worden war, also dass das Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der finalisierten Fassung des Tarifvertrages fortgesetzt wird. Entscheidend war darüber hinaus, dass der Tarifvertrag bereits im Kündigungszeitpunkt wirksam zustande gekommen sein musste. Es reichte nicht aus, dass der Tarifvertrag noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebotes zustande gekommen wäre.
Auch der Umstand, dass der Tarifvertrag TV-Ratio TDG rückwirkend zum 01.04.2010 in Kraft treten sollte, änderte hieran nichts. Grundsätzlich ist eine rückwirkende Begründung tariflicher Ansprüche möglich. Allerdings ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung und der Beurteilung der Kündigung nicht tarifdispositiv, d. h. die Tarifvertragsparteien können über den Kündigungszeitpunkt rückwirkend keine Vereinbarungen treffen, sodass die Kündigungen auch nicht rückwirkend auf den - nunmehr zustande gekommenen Tarifvertrag - gestützt werden konnten.
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2_AZR_838-14.pdf
Bundesarbeitsgericht vom 01.03.2016, Az.: 2 AZR 838/14
2_AZR_613-14.pdf
Bundesarbeitsgericht vom 17.02.2016, Az.: 2 AZR 613/14

Änderungskündigung

Arbeitsgericht Bonn, 4 Ca 1674/15

Unwirksame betriebsbedingte Änderungskündigung
- kein Fall des TV-Ratio


Besprechung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn
vom 04.11.2015, Az.: 4 Ca 1674/15 (n. rkr.)
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn, Erfurt
I. Sachverhalt
Der Arbeitnehmer ist seit den 70er Jahren bei der Deutschen Telekom AG bzw. der Rechtsvorgängerin beschäftigt. Es gelten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG. Er genießt besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer. Von 1999 bis Ende 2005 war er zu einer Tochtergesellschaft beurlaubt und erbrachte dort seine Arbeitsleistung. Im Jahre 2006 lebte das Arbeitsverhältnis mit der Telekom AG wieder auf, es kam in der Folgezeit zu verschiedenen Projekteinsätzen.
Mit Schreiben vom 09.07.2015 wurde eine Änderungskündigung ausgesprochen, wonach er als Arbeitnehmer i. S. v. § 5 Abs. 1 TV-Ratio in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Telekom Placement Services tätig werden sollte. Der Arbeitnehmer nahm dieses Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Anschließend folgte eine Versetzung zu der Firma Vivento Customer Services GmbH (VCS).

II. Gründe
Das Arbeitsgericht Bonn hat diese Änderungskündigung als unwirksam angesehen. Da der Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz hatte, konnte die Änderungskündigung nur ausnahmsweise ausgesprochen werden, wenn die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden betrieblichen Gründen nicht mehr möglich war. Dies stellt einen verschärften Prüfungsmaßstab im Verhältnis zu den Regelungen im Kündigungsschutz dar, wonach nur dringende betriebliche Gründe einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen müssen. Vorliegend fehlte es bereits an dringenden betrieblichen Erfordernissen. Gestützt wurde nämlich arbeitgeberseitig die Änderungskündigung auf eine Unternehmerentscheidung aus dem Jahre 1999 zur Verlagerung auch des klägerischen Arbeitsplatzes an ein externes Unternehmen. Bei einem Zeitraum von 16 Jahren kann man nicht mehr von dem Merkmal der Dringlichkeit ausgehen. Dies würde auch für die unternehmerische Entscheidung aus dem Jahr 2006 gelten, wonach die Beurlaubungspraxis bei der Deutschen Telekom AG eingestellt wurde.
Darüber hinaus führt das Arbeitsgericht Bonn aus, dass es genügt hätte, zunächst eine Änderungskündigung zur Beschäftigung auf einer konkreten Arbeitsstelle auszusprechen. Einen Grund, das Arbeitsverhältnis insgesamt unter den gesamten TV-Ratio zu stellen mit der Folge, dass das Gehalt nach drei Monaten ohne Beschäftigung auf 85 % abgesenkt wird, war nicht erforderlich.
Außerdem kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmer nicht dem Geltungsbereich des TV-Ratio unterfällt, denn die Auslagerung der Entwicklungszentren im Jahre 1999 war nicht vom Geltungsbereich des TV-Ratio, der erst drei Jahre später 2002 abgeschlossen wurde, erfasst. Die „Wiederbelebung“ des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Beurlaubung war kein Rationalisierungsfall.

III. Anmerkungen
Die Entscheidung ist lesenswert (siehe proT-in Datenbank) und kann bei anderen Änderungskündigungen zur Hilfestellung herangezogen werden. Das Arbeitsgericht Bonn zeigt im Einzelnen auf, wie eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu prüfen ist. Vorliegend kommt noch die Beachtung des besonderen Kündigungsschutzes hinzu. Andererseits wäre die Änderungskündigung auch an den fehlenden betrieblichen Erfordernissen gescheitert. Es wird nachvollziehbar dargelegt, dass diese individuelle Maßnahme durchgeführt werden kann, ohne dass das Arbeitsverhältnis unter den gesamten TV-Ratio unterstellt wird. Gerade diese ständige Handhabung durch die Arbeitgeberseite wird damit in Frage gestellt. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird bzw. einer Überprüfung durch das Landesarbeitsgericht standhält.
Dateianhänge
AG_Bonn_4Ca1674_15.pdf
Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 04.11.2015, AZ.: 4 Ca 1674/15;
Achtung: Diese Version hat einen bereits beim ArbG reklamierten Fehler auf Seite 6: falsch ist, dass die Klage zulässig, aber unbegründet ist. Richtig, dass sie begründet ist!

diesmal Sachsen-Anhalt: VCS zu NSN S

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 6 Sa 221/14

Nochmals festgestellt: Unterrichtung beim Betriebsübergang der VTS zur NSN S war fehlerhaft

Das Gericht stellt fest, dass die Unterrichtung zum Betriebsübergang von der VTS zur NSN S fehlerhaft war.
Interessant ist, dass die Begründung zum Urteil - im Gegensatz zum fast identischen Sachverhalt bei der [URL=viewtopic.php?f=21&t=247&start=43]Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Sachsen - ganz unterschiedlich ausfällt.
Das Gericht stellt fest, dass im Unterrichtungsschreiben Angaben zu der Frage fehlten, ob das Sozialplanprivileg nach § 112 a Betriebsverfassungsgesetz galt oder nicht. Also insbesondere darüber, ob eine Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan innerhalb der ersten vier Jahre aufgrund der Neugründung der NSN S bestand. Dass die NSN S neu gegründet wurde, wurde im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt. Allein aus dieser Information kann man jedoch keine Rückschlüsse auf eine Sozialplanprivilegierung ziehen (vgl. Seite 14 und 15 des Urteils).
Hinsichtlich der Verwirkung und des Umstandsmomentes wird sehr schön auf Seite 18 ausgeführt, dass die bei dem Betriebserwerber erfolgte Veränderung der Tätigkeit nicht so beschaffen war, als dass dies als „Disposition über das Arbeitsverhältnis“ angesehen werden könnte. Sie beschränkte sich vielmehr auf eine temporäre Vergütungserhöhung, ohne dass der Vertragsinhalt grundlegend umgestaltet worden ist.
Dateianhänge
LAG-Sachsen-Anhalt_6Sa221_14.pdf
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 01.09.2015, AZ.: 6 Sa 221/14

Beamter erklagt Weiterbeschäftigung bei T-Systems

Arbeitsgericht Berlin, 18 Ca 62/15

T-Systems: Gericht hebt außerordentliche Kündigung eines ehemals beurlaubten Beamten auf

Das Gericht stellte fest, das gleichzeitige Bestehen eines aktiven Beamtenverhältnisses und eines Arbeitsverhältnisses sei kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung, ein Arbeitsverbot bestehe nicht. „Welche rechtlichen Konsequenzen eine tatsächliche Arbeitsaufnahme bei der Beklagten für das Beamtenverhältnis des Klägers hat bzw. haben kann, steht nicht zur Entscheidung an.“ Eine ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Der Kläger ist „bis zur Rechtskraft der Entscheidung“ weiter zu beschäftigen. Die Beklagte ist zwischenzeitlich in die Berufung gegangen.
Dateianhänge
ArbG_Berlin_18Ca62_15.pdf
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 25.06.2015, AZ.: 18 Ca 62/15

Höhere variable Vergütung

Arbeitsgericht Hamburg, 10 Ca 177/14

Unternehmensziele sind nicht Unternehmensteil-Ziele

Das Gericht sieht es als nicht billigem Ermessen entsprechend an, wenn ein T-Systems-Market-Unit-Angehöriger nach dem Erreichen des Zieles der Market-Unit entlohnt wird. Er hätte nach der (nicht vorhandenen) Unternehmens-Gesamtzielerreichung entlohnt werden müssen bzw. nach der höheren Zielerreichung der Telekom-IT.
Dateianhänge
AG_Hamburg_10Ca177_14.pdf
Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 24.04.2015, AZ.: 10 Ca 177/14

Unterrichtungsschreiben nicht ordnungsgemäß

Arbeitsgericht Regensburg, 6 Ca 558/15

Unwirksamer Betriebsübergang

Deutsche Telekom AG zur VCS GmbH vom 01.09.2007
(Teilurteil Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.08.2015, Az.: 6 Ca 558/15 (n.r.k.r))
Der Betriebsübergang von der Deutschen Telekom AG zur Vivento Customer Services GmbH (VCS) am 01.09.2007 war unwirksam. Es wurde nicht ordnungsgemäß unterrichtet über die Betriebsübergangsfolgen. Dies hatte das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 26.05.2011, Az.: 8 AZR 18/11 festgestellt.
Es stellte sich nunmehr die Frage, ob ein Arbeitnehmer auch noch im Februar 2015, also nach 7 ½ Jahren noch widersprechen konnte. Dies hat das Arbeitsgericht Regensburg bejaht. Dabei hat das Arbeitsgericht Regensburg zum fehlenden Umstandsmoment gewisse Punkte herausgearbeitet. Im Einzelnen:
- Es ist unschädlich, wenn nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.05.2011 ein Arbeitnehmer, der von diesem Betriebsübergang betroffen war, weiter arbeitete.
- Es ist unschädlich, dass sich die Arbeitsbedingungen bei der VCS geändert und zu denen bei der Deutschen Telekom AG unterschieden haben.
- Es ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer an Schulungen teilgenommen hat, die für die Weiterbeschäftigung erforderlich waren.
- Es ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer von etwaigen Teamwechseln bei der VCS betroffen war.
- Es ist unerheblich, darüber zu spekulieren, welche Entscheidungen für den konkreten Arbeitnehmer erheblich waren, wenn er korrekt unterrichtet worden wäre.
- Es kommt nicht darauf an, ob das unternehmerische Beschäftigungskonzept gefährdet wäre.
- Es kommt nicht auf irgendwelche Verjährungs- oder Ausschlussfristen an.

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Regensburg ist zwar nicht rechtskräftig, allerdings kann es durchaus bei der Argumentation in vergleichbaren Fällen herangezogen werden.
mitgeteilt von
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn
Johannesstraße 3, 99084 Erfurt
Dateianhänge
ArbG_Regensburg_6Ca558-15.pdf
Teilurteil Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.08.2015, Az.: 6 Ca 558/15 (n.r.k.r)

BÜ-Unterrichtungsschreiben nicht hinreichend

Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 930/15

Unwirksamer Betriebsübergang von VTS zu NSNS
(Urteil Arbeitsgerichts Bonn vom 10.09.2015, Az.: 3 Ca 930/15)
Das Arbeitsgericht Bonn hat in dem vorbezeichneten Urteil die Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichtes gemäß Urteil vom 16.05.2014, Az.: 3 Sa 9/14 bestätigt. Danach lag ein unwirksamer Betriebsübergang von der Vivento Technical Services GmbH (VTS) zur Nokia Siemens Networks Services GmbH (NSNS) zum 01.01.2008 vor, da der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang unterrichtet wurde. Die zum Betriebsübergang von der Deutschen Telekom AG erfolgten flankierenden Maßnahmen, wie z. B. ein so genanntes „Aufhübschen der Braut“ stellten jedenfalls Tatsachen dar, die die Entscheidung der betroffenen Arbeitnehmer über Vor- und Nachteile des Betriebsüberganges maßgeblich beeinflussten. Ein verständiger Arbeitnehmer hätte diese Informationen zur Entscheidungsfindung herangezogen. Daher wären diese Informationen für eine ordnungsgemäße Unterrichtung unabdingbar gewesen.

Da der betroffene Arbeitnehmer bei der NSNS nur weiterarbeitete, hatte er sein Widerspruchsrecht auch nach über 6 Jahren nicht verwirkt.

Auch diese Entscheidung zeigt, dass es sich lohnt, um den Bestand seines - unter Umständen sehr langjährigen - Arbeitsverhältnisses zu kämpfen.
mitgeteilt von
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn
Johannesstraße 3, 99084 Erfurt
Dateianhänge
ArbG_Bonn_3Ca930-15.pdf
Urteil Arbeitsgerichts Bonn vom 10.09.2015, Az.: 3 Ca 930/15

Umstandsmoment hängt hoch

Arbeitsgericht Regensburg, 6 Ca 2653/14

Betriebsübergang Deutsche Telekom AG zur VCS GmbH 2007 - auch jetzt noch Widerspruch möglich

mitgeteilt von
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn, Erfurt:
Eine Besprechung des (n. rkr.) Teilurteils des Arbeitsgerichts Regensburg
vom 22.04.2015

Das Bundesarbeitsgericht hatte mit Urteil vom 26.05.2011 entschieden, dass die Unterrichtung zum Übergang der Arbeitsverhältnisse von der Deutschen Telekom AG auf die Vivento Customer Services GmbH nicht ordnungsgemäß war. Der Arbeitnehmer widersprach dem Betriebsübergang vom 01.09.2007 mit Widerspruchsschreiben vom 30.07.2014. Er setzte die Arbeit fort und besuchte auch Schulungen, welche für die Weiterbeschäftigung am Standort erforderlich waren.

Es stellte sich nunmehr die Frage, ob der Arbeitnehmer sein Recht zum Widerspruch des Überganges des Arbeitsverhältnisses verwirkt hatte. Das Recht zu widersprechen ist verwirkt, wenn der Berechtigte sein Recht über einen bestimmten Zeitraum hin nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage war (Zeitmoment) und sich der Schuldner wegen dieser Untätigkeit des Berechtigten bei objektiver Beurteilung darauf eingerichtet und sich darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde, sodass ihm insgesamt eine Befriedigung des Gläubigers nicht zuzumuten ist (Umstandsmoment). Das erforderliche Zeitmoment war vorliegend bei fast 7 Jahren erfüllt. Für das Umstandsmoment reichte jedoch die anstandslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses alleine nicht aus. Kein schützenswertes Vertrauen folgte auch aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer an Schulungen teilnahm, die für die Weiterarbeit notwendig waren. Diese Schulungen sind ebenso zu beurteilen, wie die bloße Weiterarbeit. Schließlich wäre ohne diese Schulungen eine Weiterarbeit nicht möglich gewesen. Eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ist nicht gegeben.

Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer auch bei einer ordnungsgemäßen Unterrichtung nicht widersprochen hätte oder nicht kommt es nicht an. Dies ist im Gesetz so nicht vorgesehen. Vielmehr ist nur zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer widersprochen hat und bejahendenfalls, ob dies fristgerecht bzw. bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht verwirkt war.

Selbst wenn eine Vielzahl von Arbeitnehmern noch widersprechen können sollte, bestünde kein schützenswertes Vertrauen der Deutschen Telekom AG. Schließlich hat sie die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens selbst zu verantworten.

Die Ausführungen des Arbeitsgerichts Regensburg sind konsequent unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hierzu, wonach entscheidend ist, dass ein Arbeitnehmer über den Bestand des Arbeitsverhältnisses disponiert hat. Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht hierzu in der Entscheidung vom 11.12.2014, Az.: 8 AZR 943/13 entschieden, dass auch dann kein Umstandsmoment für Verwirkung spricht, wenn der Arbeitnehmer eine Feststellungsklage zur Sicherung der bisherigen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses erhebt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die bloße Weiterarbeit und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen von vorn herein keine Disposition über das Arbeitsverhältnis darstellen, wenn schon die Erhebung einer Feststellungsklage bezüglich der Arbeitsbedingungen keine Disposition und dadurch auch kein Umstandsmoment darstellt.
Dateianhänge
ArbG_Regensburg_6Ca2653_14.pdf
Arbeitsgericht Regensburg, Teilurteil vom 22.04.2015, AZ.: 6 Ca 2653/14

Urteil inzwischen rechtskräftig

Arbeitsgericht Nordhausen, 3 Ca 1137/13

Versetzung ortsfern wegen Härtefalls nicht zulässig

Die Kindesbetreuung ist bei einer Versetzung (2013) mit über zwei Stunden Fahrzeit (eine Strecke) von Klägerin (teilzeitbeschäftigt, auch bei Blockarbeit), Ehemann oder anderen Personen nicht leistbar, so das Gericht. Deshalb handelt es sich um einen Härtefall, der das Weisungsrecht des Arbeitgebers einschränkt (s. § 106 Gewerbeordnung). Das Urteil enthält auch allgemeine Aussagen zum TV Ratio.
Dateianhänge
AG_Nordhausen_3Ca1137_13.pdf
Arbeitsgericht Nordhausen, Urteil vom 05.06.2014, AZ.: 3 Ca 1137/13

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