Bundesverwaltungsgericht, 2 C 10.12

Bundesverwaltungsgericht zur Urlaubsabgeltung für Beamte bei Krankheit bis zur DDU

„Mindesturlaub“ von Beamten, der bis zum Eintritt in den Ruhestand krankheitsbedingt nicht genommen werden kann, muss abgegolten werden. Mit Mindesturlaub ist hier die EU-rechtliche Vorgabe von 4 Wochen, also 20 Tagen bei Fünftagewoche, gemeint. Im Hintergrund der BVerwG-Entscheidung vom 31.01.2013, AZ.: 2 C 10.12, steht die Vorgabe gleichen Sachverhalts durch eine EuGH-Entscheidung bezüglich eines Arbeitnehmers, die später vom EuGH auch ausdrücklich auf Beamte ausgedehnt wurde.
Zu beachten ist: Über diesen Mindesturlaub hinausgehende Ansprüche (im konkreten Falle des Polizeibeamten Schwerbehindertenzusatzurlaub und Arbeitsverkürzungstage) fallen nicht unter den Anspruch, außerdem nicht „alter Urlaub“. Damit ist laut Pressemitteilung gemeint: „Allerdings ist der Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt, wenn der Beamte im fraglichen Jahr zwar seinen ihm für dieses Jahr zustehenden Urlaub nicht hat nehmen können, wohl aber „alten“, nämlich aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub.“ Außerdem darf auch der Urlaub nicht bereits verfallen sein, der als abzugelten angestrebt wird. „Ein solcher Verfall tritt jedenfalls 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein; der Normgeber kann eine kürzere Frist bestimmen, die aber nach der Rechtsprechung des EuGH deutlich länger sein muss als das Urlaubsjahr“ (ebd.).
Pressemitteilung wörtlich: „Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt keinem Antragserfordernis und verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.“

Zur Vorgeschichte und den EU-Hintergründen vergleiche man unsere proT-info-Artikel in 8/12, S. 11 und 1/12, S. 6, sowie die Homepageartikel bzw. Fragen und Antworten im Info-Portal unter „Urlaub, Urlaubsabgeltung“, darin „Abzugeltender Erholungsurlaub (EuGH-Entscheidung)“, unter „Gerichtsentscheidungen Beamtenrecht allgemein“ die Beiträge vom 14.10.2010 und vom 28.04.2011, sowie speziell vom 15.08.2012 und vom 03.05.2012 (die EuGH-Entscheidung, Beamte betreffend) - natürlich jeweils noch Stand vor der jetzigen BVerwG-Entscheidung! Zusammengefasst sagen diese Beiträge aus, dass der Europäische Gerichtshof vorgibt (s.o.), dass auch den Beamten Mindesturlaub abzugelten ist, wenn sie ihn krankheitsbedingt nicht nehmen konnten und anschließend direkt in den Ruhestand gehen. Das ursprüngliche Verfahren vor dem EuGH betraf einen Arbeitnehmer. Die EU-Richtlinie 2003/88/EG („Arbeitszeitrichtlinie“), auf die Bezug genommen wird, bestimmt in „Art. 7 Jahresurlaub (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. (2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.“ (Aus dem proT-info März 2013, S. 11f.)

Bundesverwaltungsgericht, 2 VR 5.12

Anlassbeurteilungen zu gut

Quintessenz: „Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen“ (in R.-Nr. 34).
Die Beförderung eines bestimmten Beamten wurde gestoppt.

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 6994/11
Oberverwaltungsgericht Münster, 1 A 259/13


Kommentar von Peter Koch
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Hannover

Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit: Die fehlende Eignung für einen konkreten Dienstposten (hier: Telearbeitsplatz im Verkauf) rechtfertigt nicht die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit
VG Düsseldorf – Urteil vom 10.12. 2012 – 10 K 6994/11 (Noch nicht rechtskräftig!)

Die Beamtin (Fernmeldehauptsekretärin im mittleren Fernmeldedienst) hatte einen Telearbeitsplatz mit dem Aufgabenbereich „Bearbeitung von Kundenaufträgen und Rechnungsreklamationen“ inne. Seit 3.11.2010 war die Beamtin durchgehend erkrankt. Die Deutsche Telekom AG ordnete eine sozialmedizinische Untersuchung an. Zuvor hatte ihr Vorgesetzter mitgeteilt, dass die Beamtin aus gesundheitlichen Gründen keinen Callflow mache, Konfliktgespräche mangels Belastbarkeit nicht führen könne, die Tageserkrankungen zugenommen hätten und sie sich immer gegen Verkaufsgespräche gewehrt habe. Wegen fehlender Selbstständigkeit sei der Heimarbeitsplatz aus betrieblichen Gründen gekündigt worden. Der Betriebsarzt stellte fest, dass im Falle einer Wiedereingliederungsmaßnahme mit einer Wiederherstellung der vollschichtigen Einsatzfähigkeit zu rechnen sei. Arbeiten unter Verkaufs- und Zeitdruck, in Wechsel- oder Nachtschicht seien allerdings nicht geeignet und ein Heim- bzw. Telearbeitsplatz medizinisch erforderlich. Zur Durchführung der Wiedereingliederung sollte sie sich an ihrem offiziellen Dienstort in Düsseldorf einfinden. Die Beamtin wandte ein, dass sie für die Fahrt täglich 6 Stunden benötigen würde. Daraufhin versetzte die Deutsche Telekom AG die Beamtin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Zur Begründung verwies sie auf die Aussage im betriebsärztlichen Gutachten, dass ein Heim-/Telearbeitsplatz medizinisch erforderlich, die Beamtin hierfür jedoch ungeeignet sei. Die Beamtin erhob gegen die Versetzung in den Ruhestand Widerspruch und anschließend Klage zum Verwaltungsgericht und machte geltend, dass ihre Erkrankung maßgeblich mit dem ihr zugemuteten „Verkaufsdruck“, dem Sie nicht gewachsen gewesen sei, zusammenhänge. Der Einsatz im Verkauf gehöre auch nicht zum Kernbereich der Aufgaben des mittleren Fernmeldedienstes. Im übrigen habe der Betriebsarzt festgestellt, dass im Anschluss an eine Widereingliederungsmaßnahme mit voller Dienstfähigkeit zu rechnen sei.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab der Klage statt: Die Feststellung einer dauernden Dienstunfähigkeit unterliege der vollen gerichtlichen Kontrolle. Mit der Feststellung, dass die Beamtin für einen Telearbeitsplatz nicht geeignet sei, lasse sich die dauernde Dienstunfähigkeit jedenfalls nicht rechtfertigen. Maßstab für die Beurteilung der Dienstfähigkeit bzw. –unfähigkeit sei nicht der zuletzt innegehabte Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, im vorliegenden Fall also das Amt einer Fernmeldehauptsekretärin.

Auf das Ergebnis des ärztlichen Gutachtens könne die DTAG ihre Entscheidung nicht stützen, denn die Prognose laute auf Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit nach Durchführung einer Wiedereingliederung. Es liege auf der Hand, dass die vom Arzt gemachten Einschränkungen (keine Arbeiten unter Verkaufs- oder Zeitdruck, keine Wechsel- oder Nachtschicht) einen amtsangemessenen oder ggf. auch unterwertigen Einsatz nicht von vornherein ausschließen. Für die medizinische Notwendigkeit eines Telearbeitsplatzes enthalte das ärztliche Gutachten keine Begründung. Der Arzt gehe zudem von der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit aus.
Zusatz 02.04.2014: OVG NRW lehnt Berufungszulassungsantrag ab, Entscheidung ist rechtskräftig. Die Anforderungen an die Zurruhesetzung eines Beamten sind für dieses Gericht offensichtlich sehr hoch.

Verwaltungsgericht Köln, 15 L 1444/12

Nachträgliche Zulassung zum Anbietungsverfahren „Shape Headquarters“ per einstweiliger Anordnung

Wie das Verwaltungsgericht Köln in seiner Entscheidung vom 27. November 2012 feststellt, darf einem zuvor „geclearten“ Beamten nicht der Zugang zu Arbeitsstellen im Bereich Betrieb Finance GHS verwehrt werden, nur weil er im maßgeblichen Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ nicht als Berechtigter vorgesehen ist. "… Die Antragsgegnerin würde mit dieser Praxis gegen die eigene Ausschreibung im Sinne eines Anbietungsverfahrens verstoßen." Das Gericht setzt sich kurz damit auseinander, inwiefern der "Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ" gegen höherrangiges Recht (Art. 3 Grundgesetz und Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz) verstoßen könnte und fasst letztlich zusammen: „Insbesondere im Hinblick auf den genannten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung kann die Antragsgegnerin Beamte, die - wie der Antragsteller - irgendwann einmal "gecleart" worden sind, bei der Vergabe von nunmehr bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten nicht völlig außer Betracht lassen.“
Außerdem widerspricht sich die Deutsche Telekom AG selbst, indem sie behauptet, dass das Anbietungsverfahren bereits am 22.09.2012 mit den entsprechenden Dienstpostenbesetzungen abgeschlossen worden sei, im maßgeblichen Interessenausgleich/Sozialplan jedoch angegeben wird, dass die Personalbedarfsreduzierungen erst zum 01.01.2013 realisiert werden sollen.

Oberverwaltungsgericht NRW, 1A 1007/11

Zweite Instanz: Übertragung von krankheitsbedingt nicht genommenem Erholungsurlaub bei Beamten, Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt
Kommentar von Rechtsanwalt Frank Wieland, Fachanwalt f. Verwaltungsrecht/Bonn

Das OVG Münster hat in dem nachfolgenden Beschluss ein Urteil des VG Köln bestätigt, in dem die Deutsche Telekom AG zur Übertragung von Erholungsurlaub verpflichtet wurde. Die Konstellation ist insoweit von Interesse, als hier der Beamte nicht krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt wurde, sondern nach längerer Erkrankung, welche die Abwicklung des Erholungsurlaubs innerhalb der Verfallfristen nicht möglich machte, wieder genesen war. Nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit wurde die Abwicklung des krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs (Resturlaubs) dann im Hinblick auf einen angeblichen Verfall verweigert.

Bereits das VG Köln hatte die Deutsche Telekom AG verpflichtet, dem Kläger noch die Abwicklung seines krankheitsbedingt nicht genommenen Resturlaubs zu ermöglichen. Das OVG Münster hat dies nun bestätigt und nochmals klargestellt, dass die Richtlinie 2003/88/EG auch für deutsche Bundesbeamte gilt. Die Richtlinie sei zudem unbedingt und hinreichend konkret; Geltung entfalte sie bereits ohne einen weiteren Umsetzungsakt.
Erste Instanz VG Köln, AZ.: 15 K 3555/10 auch in dieser Datenbank.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 K 4645/11

Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit

Wiederholt ist über die Problematik der Urlaubsabgeltung diskutiert und berichtet worden und zwar in der Konstellation, dass ein Beamter längere Zeit erkrankte und dann in den Ruhestand versetzt wurde, ohne dass er seinen Erholungsurlaub nehmen konnte. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden. In der hier zum Download hinterlegten Gerichtsentscheidung wird die Problematik vom Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zusammengefasst.
Urteil VG Gelsenkirchen 12 K 4645/11 vom 18.07.2012.

Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofes C 337/10

EuGH trifft Entscheidung für die Abgeltung von Urlaubsansprüchen von Beamten
„Bei Eintritt in den Ruhestand hat ein Beamter Anspruch auf eine finanzielle Vergütung, wenn er seinen Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen aus Krankheitsgründen ganz oder zum Teil nicht ausüben konnte“.
Damit fasst der EuGH seine Entscheidung vom 3.5.2012 zusammen (AZ.: C-337/10). Das VG Frankfurt am Main hatte die entsprechenden Fragen vorgelegt (s.o. auf dieser Seite). Hauptargument für das Gericht ist, dass die EU-Richtlinie 2003/88 (vgl. unseren Kommentar zur Frankfurter Vorlageentscheidung), die in nationalem Recht geregelt wissen will, dass jeder Arbeitnehmer mindestens 4 Wochen bezahlten Urlaub im Jahr erhält, grundsätzlich für alle privaten und öffentlichen Tätigkeitsbereiche (ergänze: also auch für Beamte) gilt. Für über 4 Wochen hinausgehende Urlaubsansprüche sind nationale Regelungen möglich, die eine Abgeltung für diese Ansprüche ausschließen. Uns liegt bisher nur die Pressemitteilung, nicht das Urteil selbst vor. Update: Zum Urteil Link hier: EUGH-Urteil.

Der EuGH meint außerdem, die deutsche Übertragungsfrist von 9 Monaten für krankheitshalber nicht nehmbaren Urlaub sei zu kurz.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvL 4/09

§ 10 Absatz 1 PostPersRG (Wegfall des Anspruchs auf Sonderzahlung) laut Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz vereinbar

In dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob § 10 Absatz 1 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) in der Fassung des Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a des Ersten Gesetzes zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes vom 9. November 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 2774) mit Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 143b Absatz 3 Satz 1 und 3 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist, - Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 121.07 - in der Fassung des Beschlusses vom 31. März 2011 - hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen:

§ 10 Absatz 1 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) in der Fassung des Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a des Ersten Gesetzes zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes vom 9. November 2004(Bundesgesetzblatt I Seite 2774) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Bundesverwaltungsgericht, 2 C 27.10 und 2 C 30.09 und 2 C 48.10

Parallelurteile des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulage bei längerer Wahrnehmung einer höheren Funktion

Urteil des 2. Senats vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 27.10
Leitsätze:
1. § 46 Abs. 1 BBesG sieht die Zahlung einer Zulage nur in den Fällen der sog. Vakanzvertretung, nicht auch der sog. Verhinderungsvertretung vor (wie Urteil vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 30.09 -).
2. Die Aufgaben eines höherwertigen Amtes werden auch dann vorübergehend vertretungsweise im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG wahrgenommen, wenn sie dem Beamten für einen Zeitraum übertragen werden, dessen Ende weder feststeht noch absehbar ist (wie Urteil vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 30.09 -).
3. Im Falle eines Dienstherrnwechsels beginnt die 18-Monatsfrist des § 46 Abs. 1 BBesG von neuem zu laufen, wenn dem Beamten auch beim neuen Dienstherrn Aufgaben eines höherwertigen Amtes übertragen werden.

Urteil des 2. Senats vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 30.09
Leitsatz:
§ 46 Abs. 1 BBesG sieht die Zahlung einer Zulage in den Fällen nur der sog. Vakanzvertretung, nicht auch der sog. Verhinderungsvertretung vor (vgl. Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 29.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 3 S. 11 f.).
Die Aufgaben eines höherwertigen Amtes werden auch dann vorübergehend vertretungsweise im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG wahrgenommen, wenn sie dem Beamten für einen Zeitraum übertragen werden, dessen Ende weder feststeht noch absehbar ist.
Werden die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG erst nach Ablauf der Wartefrist von 18 Monaten erfüllt, ist die Zulage ab diesem Zeitpunkt zu gewähren.
Es verstößt grundsätzlich nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass Beamten trotz ununterbrochener Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes für einen Zeitraum von mehr als 18 Monaten die Zulage versagt wird, weil sie die erforderliche Beförderungsreife nicht besitzen.

BVerwG 2 C 48.10 Verkündet am 28. April 2010
Keine Leitsätze vorhanden.

Bundessozialgericht, B 7 AL 6/10 R

Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Gleichstellung schwerbehinderter Beamter
Wenn einem Vivento-Transferbeamten sonst schwere Nachteile bei der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Nichtbehinderten entstehen, er also schwer vermittelbar ist, kann eine Gleichstellung gerechtfertigt sein.
Das Bundessozialgericht verwies den Fall in der Revision zurück an das Landessozialgericht, das nun entsprechende tatsächliche Feststellungen treffen soll. AZ.: B 7 AL 6/10 R, 1.03.2011.
Dem Kläger mit einem GdB von 30 war von der Beklagten (vermutlich der BA) eine Gleichstellung verweigert worden, die Vorinstanz hatte mit dem Argument seiner Unkündbarkeit auch gegen ihn entschieden.
Grundsätzlich gilt: Lebenszeitbeamte sind nicht grundsätzlich wegen der Unkündbarkeit von der Gleichstellung ausgeschlossen, denn die zugrunde gelegte Definition von Arbeitsplatz aus § 73 SGB 9 bezieht Beamte ausdrücklich ein. Es kann ein Anspruch bestehen, wenn z.B. Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit droht oder der Arbeitsplatz wegen der Auflösung der Beschäftigungsbehörde gefährdet ist.
Das Gericht stellt speziell auf die erste Alternative des § 2 Absatz 3 SGB 9 ab, der drohenden Unmöglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erlangen, denn seinen eigentlichen Arbeitsplatz hatte der Kläger schon mit der Versetzung 2002 in die Vivento verloren.
Das Gericht erwähnt auch die Freiheit eines Beamten, ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen.

Verwaltungsgericht Hamburg, 21 K 1498/08

Gutachten bescheinigt Heilung → Wiederberufung als Beamter

Die erneute Berufung als Beamter ist zwar nicht rückwirkend möglich, auch nicht auf eine bestimmte angestrebte Stelle, aber grundsätzlich hat der Kläger das entsprechende Anrecht, wenn seine Dienstfähigkeit wiederhergestellt ist. Ihm muss ein entsprechendes Amt übertragen und er muss amtsangemessen beschäftigt werden.
Ein Gutachter des Gerichts hatte festgestellt, dass das Krankheitsbild, das zur DDU geführt hatte, nicht mehr vorliegt.
Die Messlatte für „zwingende dienstliche Gründe“, die der erneuten Berufung entgegenstehen könnten, liegt sehr hoch: Sie „müssen von solchem Gewicht sein, dass ihre Berücksichtigung unerlässlich ist, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstliche Aufgaben sicherzustellen“ zitiert das Gericht das BVerwG (S. 10). Der Dienstherr muss für den Fall eines Antrags auf Wiederberufung Vorsorge treffen. Eine amtsangemessene Tätigkeit zu finden sei angesichts des Personalbestands der Telekom offenkundig möglich, so das BVerwG.

Verwaltungsgericht Berlin, 5 K 175.09

Urlaubsabgeltung für Beamte bei Ruhestand nach Dienstunfähigkeit

Bisher war es stets so, dass Beamte, die in den Ruhestand eingetreten sind und zuvor erkrankt waren, keine Urlaubsabgeltung mehr erhalten haben. Der erworbene Urlaubsanspruch war stets verfallen.

Im Jahre 2009 hat der europäische Gerichtshof bereits festgestellt, dass der Mindesturlaub für Arbeitnehmer, die im Arbeitsverhältnis stehen, aufgrund Krankheit nicht verfallen darf.

Nunmehr hat erstmals auch ein Verwaltungsgericht diese Richtlinie auf Beamte angewandt.

Mit Entscheidung vom 10.06.2010, AZ: VG 5 K 175.09, hat das VG Berlin das Land Berlin zur Zahlung der Urlaubsabgeltung an einen Beamten, der vor Eintritt in den Ruhestand nach Dienstunfähigkeit krank war, zur Abgeltung des Urlaubsanspruches verurteilt.

Beamte, die noch Urlaubsansprüche haben, wenn sie in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gehen, sollten daher die Abgeltung des Urlaubs beantragen. Ggf. müsste auch eine gerichtliche Durchsetzung unter Bezugnahme auf das Urteil erfolgen.

Allerdings sollten Beamte, die nicht wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand gehen, sich bezüglich Auszahlung von Urlaubsansprüchen keine Hoffnungen machen, da auch die europäische Entscheidung sich ausschließlich auf Auszahlungen bei Krankheit und Dienstunfähigkeit bezieht. Für Beamte, die mit Ablauf der Regelaltersgrenze oder die 55er-Regelung in Anspruch nehmen, gilt diese Regelung nämlich nicht. Hier muss der Urlaub zuvor in Anspruch genommen worden sein, da er ansonsten nach wie vor verfällt.

Rechtsanwalt Christian Loh

Verwaltungsgericht Köln, 15 K 3555/10

Auch Beamte behalten Urlaub, der krankheitshalber nicht genommen werden konnte

Die Telekom muss einem Beamten noch Resturlaub aus 2007 gewähren, den er krankheitsbedingt nicht nehmen konnte. Die EU-Richtlinie 2003/88/EG setzt § 7 Satz 2 Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV) außer Kraft. § 7 der Richtlinie sagt aus: „(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind…“.§ 7 Satz 2 EUrlV sagt aus: „Urlaub, der nicht innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen worden ist, verfällt“, steht also dazu im Widerspruch und gilt nicht mehr. Das Gericht sprach dem Kläger 6 Tage Resturlaub aus 2007 zu, denn es war der Meinung, als Beamter könne man sich auf § 7 Absatz 1 der EU-Richtlinie berufen. Einen Vertrauensschutz des deutschen Verordnungsgebers dahingehend, dass erst ab dem Urlaubsjahr 2008 Urlaubsansprüche nicht mehr verfallen, sah das Gericht nicht. Wichtig ist, dass die 6 Tage Bestandteil des Mindesturlaubs von 2007 waren. Ab Mai 2010 war der Beamte wieder dienstfähig. Eine Berufung lässt das Gericht nicht zu.
Vergleiche das unmittelbar über diesem eingestellte Urteil des VG Frankfurt/Main, AZ.: 9 K 836/10.F, dort ist aber der Beamte bereits im Ruhestand!
Nachfolgende Instanz zu 15 K 3555/10: OVG NRW, Beschluss vom 5.09.2012, AZ.: 1A 1007/11, in dieser Datenbank Einstellung vom 12.09.2012.

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, 9 K 836/10.F

Maximalforderungen des VG Frankfurt/Main, was die Abgeltung des Urlaubs von Beamten betrifft, der wegen Krankheit und folgendem Eintritts in den Ruhestands nicht angetreten werden konnte
„Leit- oder Orientierungssatz
1. Die RL 2003/88/EG findet auch auf Beamtenverhältnisse Anwendung.
2. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG steht auch Beamtinnen und Beamten zu, die aus ihrem Beamtenverhältnis ausgeschieden sind und gehindert waren, ihren Urlaub in Anspruch zu nehmen.
3. Die Abgeltungsregelung in Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst den gesamten nach nationalem Recht zu gewährenden Jahresurlaub, im Beamtenrecht den gesamten Erholungsurlaub und nicht nur den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG zu gewährenden Mindesturlaub im Umfang von 4 Wochen. Das gilt auch für Freistellungsansprüche im Zusammenhang mit unregelmäßiger Arbeitszeiteinteilung, da insoweit die Urlaubsberechnung beeinflusst wird.
4. Vorlage an den EuGH zur Auslegung der RL 2003/88/EG in Bezug auf Beamtenverhältnisse.“
Das VG Frankfurt legt also die Sachlage dem EUGH vor und setzt das eigene Verfahren aus, legt sich aber inhaltlich fest, s.o. (beachte besonders die Nrr. 66, 68 und 71 des Beschlusses).

Der Passus der EU-Richtlinie, um den es geht:
Art. 7 Jahresurlaub
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

Vgl. zur Thematik auch die Informationen zu einer Entscheidung des VG Berlin auf viewtopic.php?t=1131
= proT-info Oktober 2010, S. 16f.

Verwaltungsgericht Hamburg, 21 K 1811/08

Reisekostenansprüche verfallen nicht so leicht, wenn sie Vivento gegenüber erhoben wurden

Im vorliegenden Fall hatte ein Telekom-Beamter eine Einladung von Vivento zu einem Gespräch nach Bonn erhalten. Die Genehmigung zur Nutzung des privaten PKWs beantragte er innerhalb zweier Monate, die Genehmigung ließ jedoch fast vier Monate auf sich warten. Eine weitere Verzögerung bei der internen Weiterleitung des Reisekostenantrags führte dann zur Überschreitung der von der DTAG-Reisekostenrichtlinie gesetzten Zeitspanne von 6 Monaten, der Reisekostenantrag wurde somit wegen Fristüberschreitung abgelehnt.

Wir möchten eine Konsequenz aus diesem Urteil hervorheben:
Der Satz: „…, denn der Antrag vom 15.10.2007…wurde spätestens am 19.02.2008 vorgelegt“ lässt evtl. darauf schließen, dass das Gericht erst die (belegbare) Genehmigung als Eingang wertet. Da sich die Telekom (PST) auch nach Vorschlag der proT-in schwer mit Empfangsbestätigungen tut, müssen wir hier noch einmal auf die Empfehlung zurückkommen, solche Post an die Hausanschrift des Vorstands der DTAG mit Einschreiben und Rückschein zu versenden. Dann gibt es kein Herausreden mehr. Der Posteingang wird ordnungsgemäß erfasst, der Rückschein ordnungsgemäß unterschrieben (nicht so bei Postfächern!) Das Eingangsdatum ist dann belegbar.