Landesarbeitsgericht Köln vom 16.11.2016, Az.: 5 Sa 1183/15

Unzulässige Wiederholungskündigung
Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Bei einer Änderungs- oder auch Beendigungskündigung sollte auch geprüft werden, ob bereits zuvor - möglicherweise sogar Jahre zuvor - eine vorherige Kündigung ausgesprochen und diese Kündigung durch rechtskräftiges Urteil zurückgewiesen wurde. Falls dies der Fall ist, kann eine unzulässige Wiederholungkündigung vorliegen.

Dabei muss es sich um den gleichen Kündigungsgrund handeln und das erste Gericht muss sich inhaltlich damit auseinandergesetzt haben. Vorliegend hatte sich die Deutsche Telekom AG auf dieselbe unternehmerische Entscheidung berufen, nämlich die betriebsbedingte Auflösung der Entwicklungszentren. Bereits das erste Gericht hatte diesen Kündigungsgrund geprüft und für unwirksam erachtet. Damit war das zweite Gericht, also das LAG Köln von einer erneuten materiellen Prüfung ausgeschlossen.

Fazit:

Gerade bei Telekommitarbeitern, die z. B. bei TPS sind und mitunter bereits längere Zeiten ohne Beschäftigung haben, kann es durchaus vorkommen, dass derartige unzulässige Wiederholungskündigungen ausgesprochen werden - auch wenn Jahre dazwischen liegen.

Bundesarbeitsgericht vom 17.02.2016, Az.: 2 AZR 613/14
Bundesarbeitsgericht vom 01.03.2016, Az.: 2 AZR 838/14


Unwirksame Änderungskündigungen bei Schließung Deutsche Telekom Direktvertrieb und Beratung
Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt
Das Bundesarbeitsgericht hat in den zitierten Entscheidungen letztinstanzlich entschieden, dass die betriebsbedingten Änderungskündigungen der Arbeitsverhältnisse von zwei Mitarbeitern des Betriebes Deutsche Telekom AG Direktvertrieb und Beratung nebst Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento unwirksam waren. Zuvor wurde bei den Arbeits- und Landesarbeitsgerichten hierüber heftig gestritten, insbesondere auch schwerpunktmäßig zur Frage, ob die Änderungskündigung wirksam sein könne in Anbetracht der Tatsache, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag TV-Ratio der Telekom Deutschland GmbH (TDG) zum Kündigungszeitpunkt noch gar nicht wirksam abgeschlossen war. Außerdem wurden noch etliche weitere Argumente hervorgebracht. Auf diese kam es jedoch beim Bundesarbeitsgericht nicht mehr an, da das Bundesarbeitsgericht die betriebsbedingten Änderungskündigungen aufgrund der Unbestimmtheit des Änderungsangebotes als unwirksam ansah.

I. Zum Sachverhalt

Die Klägerinnen waren bei der Deutschen Telekom AG seit 1987 bzw. 1972 beschäftigt, zuletzt im Betrieb Direktvertrieb und Beratung. Es fanden die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Aufgrund eines Tarifvertrages Bereichsausnahme für den Betrieb Direktvertrieb und Beratung sollten die Tarifverträge der Telekom Deutschland GmbH (TDG) Anwendung finden.
Ein TV-Ratio der TDG war entgegen der Unterschriftszeile mit dem Datum 01.04.2010 im Juli 2013 abgeschlossen worden.
Der Betrieb DTDB wurde zum 31.07.2013 stillgelegt.
Mit Schreiben vom 08.07.2013 wurden die Arbeitsverhältnisse mit einer Kündigungsfrist von drei Wochen gekündigt. Zugleich wurde den Klägerinnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento zu den in Abschnitt 1 des Tarifvertrages TV-Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen angeboten. Beide Klägerinnen nahmen des Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an. Sie erhoben innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist Klage mit unterschiedlichen Argumenten unter anderem, dass der besondere tarifvertragliche Kündigungsschutz missachtet wurde, wegen fehlender sozialer Rechtfertigung, wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit des Änderungsangebotes, wegen unzulässiger Kündigungsfrist, etc.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Erst das Bundesarbeitsgericht gab den Klägerinnen Recht und entschied, dass die Änderungskündigungen unwirksam waren. Die Urteile der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte wurden aufgehoben.

II. Begründung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das mit der Kündigung vom 08.07.2013 verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt war. Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres annehmen kann. Es muss ihm klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebotes treffen.
Das vorliegende Änderungsangebot lautete auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento zu den im Tarifvertrag TV-Ratio TDG genannten Bedingungen. Diese Bedingungen waren jedoch zu dem Zeitpunkt des Zuganges nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar, da dieser Tarifvertrag TV-Ratio TDG noch nicht existierte. Es lag nur ein Entwurf vor, aber noch kein Tarifvertrag unter Wahrung der zwingend erforderlichen Schriftform. Solange der Tarifvertrag TV-Ratio TDG nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde.
Soweit die Arbeitgeberin auf eine finalisierte Fassung des Tarifvertrages im Intranet verwies, kam es hierauf nicht an, da ein solches Änderungsangebot schlichtweg nicht unterbreitet worden war, also dass das Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der finalisierten Fassung des Tarifvertrages fortgesetzt wird. Entscheidend war darüber hinaus, dass der Tarifvertrag bereits im Kündigungszeitpunkt wirksam zustande gekommen sein musste. Es reichte nicht aus, dass der Tarifvertrag noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebotes zustande gekommen wäre.
Auch der Umstand, dass der Tarifvertrag TV-Ratio TDG rückwirkend zum 01.04.2010 in Kraft treten sollte, änderte hieran nichts. Grundsätzlich ist eine rückwirkende Begründung tariflicher Ansprüche möglich. Allerdings ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung und der Beurteilung der Kündigung nicht tarifdispositiv, d. h. die Tarifvertragsparteien können über den Kündigungszeitpunkt rückwirkend keine Vereinbarungen treffen, sodass die Kündigungen auch nicht rückwirkend auf den - nunmehr zustande gekommenen Tarifvertrag - gestützt werden konnten.

Arbeitsgericht Bonn, 4 Ca 1674/15

Unwirksame betriebsbedingte Änderungskündigung
- kein Fall des TV-Ratio


Besprechung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn
vom 04.11.2015, Az.: 4 Ca 1674/15 (n. rkr.)
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn, Erfurt
I. Sachverhalt
Der Arbeitnehmer ist seit den 70er Jahren bei der Deutschen Telekom AG bzw. der Rechtsvorgängerin beschäftigt. Es gelten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG. Er genießt besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer. Von 1999 bis Ende 2005 war er zu einer Tochtergesellschaft beurlaubt und erbrachte dort seine Arbeitsleistung. Im Jahre 2006 lebte das Arbeitsverhältnis mit der Telekom AG wieder auf, es kam in der Folgezeit zu verschiedenen Projekteinsätzen.
Mit Schreiben vom 09.07.2015 wurde eine Änderungskündigung ausgesprochen, wonach er als Arbeitnehmer i. S. v. § 5 Abs. 1 TV-Ratio in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Telekom Placement Services tätig werden sollte. Der Arbeitnehmer nahm dieses Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Anschließend folgte eine Versetzung zu der Firma Vivento Customer Services GmbH (VCS).

II. Gründe
Das Arbeitsgericht Bonn hat diese Änderungskündigung als unwirksam angesehen. Da der Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz hatte, konnte die Änderungskündigung nur ausnahmsweise ausgesprochen werden, wenn die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden betrieblichen Gründen nicht mehr möglich war. Dies stellt einen verschärften Prüfungsmaßstab im Verhältnis zu den Regelungen im Kündigungsschutz dar, wonach nur dringende betriebliche Gründe einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen müssen. Vorliegend fehlte es bereits an dringenden betrieblichen Erfordernissen. Gestützt wurde nämlich arbeitgeberseitig die Änderungskündigung auf eine Unternehmerentscheidung aus dem Jahre 1999 zur Verlagerung auch des klägerischen Arbeitsplatzes an ein externes Unternehmen. Bei einem Zeitraum von 16 Jahren kann man nicht mehr von dem Merkmal der Dringlichkeit ausgehen. Dies würde auch für die unternehmerische Entscheidung aus dem Jahr 2006 gelten, wonach die Beurlaubungspraxis bei der Deutschen Telekom AG eingestellt wurde.
Darüber hinaus führt das Arbeitsgericht Bonn aus, dass es genügt hätte, zunächst eine Änderungskündigung zur Beschäftigung auf einer konkreten Arbeitsstelle auszusprechen. Einen Grund, das Arbeitsverhältnis insgesamt unter den gesamten TV-Ratio zu stellen mit der Folge, dass das Gehalt nach drei Monaten ohne Beschäftigung auf 85 % abgesenkt wird, war nicht erforderlich.
Außerdem kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmer nicht dem Geltungsbereich des TV-Ratio unterfällt, denn die Auslagerung der Entwicklungszentren im Jahre 1999 war nicht vom Geltungsbereich des TV-Ratio, der erst drei Jahre später 2002 abgeschlossen wurde, erfasst. Die „Wiederbelebung“ des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Beurlaubung war kein Rationalisierungsfall.

III. Anmerkungen
Die Entscheidung ist lesenswert (siehe proT-in Datenbank) und kann bei anderen Änderungskündigungen zur Hilfestellung herangezogen werden. Das Arbeitsgericht Bonn zeigt im Einzelnen auf, wie eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu prüfen ist. Vorliegend kommt noch die Beachtung des besonderen Kündigungsschutzes hinzu. Andererseits wäre die Änderungskündigung auch an den fehlenden betrieblichen Erfordernissen gescheitert. Es wird nachvollziehbar dargelegt, dass diese individuelle Maßnahme durchgeführt werden kann, ohne dass das Arbeitsverhältnis unter den gesamten TV-Ratio unterstellt wird. Gerade diese ständige Handhabung durch die Arbeitgeberseite wird damit in Frage gestellt. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird bzw. einer Überprüfung durch das Landesarbeitsgericht standhält.

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 6 Sa 221/14

Nochmals festgestellt: Unterrichtung beim Betriebsübergang der VTS zur NSN S war fehlerhaft

Das Gericht stellt fest, dass die Unterrichtung zum Betriebsübergang von der VTS zur NSN S fehlerhaft war.
Interessant ist, dass die Begründung zum Urteil - im Gegensatz zum fast identischen Sachverhalt bei der [URL=viewtopic.php?f=21&t=247&start=43]Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Sachsen - ganz unterschiedlich ausfällt.
Das Gericht stellt fest, dass im Unterrichtungsschreiben Angaben zu der Frage fehlten, ob das Sozialplanprivileg nach § 112 a Betriebsverfassungsgesetz galt oder nicht. Also insbesondere darüber, ob eine Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan innerhalb der ersten vier Jahre aufgrund der Neugründung der NSN S bestand. Dass die NSN S neu gegründet wurde, wurde im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt. Allein aus dieser Information kann man jedoch keine Rückschlüsse auf eine Sozialplanprivilegierung ziehen (vgl. Seite 14 und 15 des Urteils).
Hinsichtlich der Verwirkung und des Umstandsmomentes wird sehr schön auf Seite 18 ausgeführt, dass die bei dem Betriebserwerber erfolgte Veränderung der Tätigkeit nicht so beschaffen war, als dass dies als „Disposition über das Arbeitsverhältnis“ angesehen werden könnte. Sie beschränkte sich vielmehr auf eine temporäre Vergütungserhöhung, ohne dass der Vertragsinhalt grundlegend umgestaltet worden ist.

Arbeitsgericht Berlin, 18 Ca 62/15

T-Systems: Gericht hebt außerordentliche Kündigung eines ehemals beurlaubten Beamten auf

Das Gericht stellte fest, das gleichzeitige Bestehen eines aktiven Beamtenverhältnisses und eines Arbeitsverhältnisses sei kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung, ein Arbeitsverbot bestehe nicht. „Welche rechtlichen Konsequenzen eine tatsächliche Arbeitsaufnahme bei der Beklagten für das Beamtenverhältnis des Klägers hat bzw. haben kann, steht nicht zur Entscheidung an.“ Eine ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Der Kläger ist „bis zur Rechtskraft der Entscheidung“ weiter zu beschäftigen. Die Beklagte ist zwischenzeitlich in die Berufung gegangen.

Arbeitsgericht Hamburg, 10 Ca 177/14

Unternehmensziele sind nicht Unternehmensteil-Ziele

Das Gericht sieht es als nicht billigem Ermessen entsprechend an, wenn ein T-Systems-Market-Unit-Angehöriger nach dem Erreichen des Zieles der Market-Unit entlohnt wird. Er hätte nach der (nicht vorhandenen) Unternehmens-Gesamtzielerreichung entlohnt werden müssen bzw. nach der höheren Zielerreichung der Telekom-IT.

Arbeitsgericht Regensburg, 6 Ca 558/15

Unwirksamer Betriebsübergang

Deutsche Telekom AG zur VCS GmbH vom 01.09.2007
(Teilurteil Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.08.2015, Az.: 6 Ca 558/15 (n.r.k.r))
Der Betriebsübergang von der Deutschen Telekom AG zur Vivento Customer Services GmbH (VCS) am 01.09.2007 war unwirksam. Es wurde nicht ordnungsgemäß unterrichtet über die Betriebsübergangsfolgen. Dies hatte das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 26.05.2011, Az.: 8 AZR 18/11 festgestellt.
Es stellte sich nunmehr die Frage, ob ein Arbeitnehmer auch noch im Februar 2015, also nach 7 ½ Jahren noch widersprechen konnte. Dies hat das Arbeitsgericht Regensburg bejaht. Dabei hat das Arbeitsgericht Regensburg zum fehlenden Umstandsmoment gewisse Punkte herausgearbeitet. Im Einzelnen:
- Es ist unschädlich, wenn nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.05.2011 ein Arbeitnehmer, der von diesem Betriebsübergang betroffen war, weiter arbeitete.
- Es ist unschädlich, dass sich die Arbeitsbedingungen bei der VCS geändert und zu denen bei der Deutschen Telekom AG unterschieden haben.
- Es ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer an Schulungen teilgenommen hat, die für die Weiterbeschäftigung erforderlich waren.
- Es ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer von etwaigen Teamwechseln bei der VCS betroffen war.
- Es ist unerheblich, darüber zu spekulieren, welche Entscheidungen für den konkreten Arbeitnehmer erheblich waren, wenn er korrekt unterrichtet worden wäre.
- Es kommt nicht darauf an, ob das unternehmerische Beschäftigungskonzept gefährdet wäre.
- Es kommt nicht auf irgendwelche Verjährungs- oder Ausschlussfristen an.

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Regensburg ist zwar nicht rechtskräftig, allerdings kann es durchaus bei der Argumentation in vergleichbaren Fällen herangezogen werden.
mitgeteilt von
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn
Johannesstraße 3, 99084 Erfurt

Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 930/15

Unwirksamer Betriebsübergang von VTS zu NSNS
(Urteil Arbeitsgerichts Bonn vom 10.09.2015, Az.: 3 Ca 930/15)
Das Arbeitsgericht Bonn hat in dem vorbezeichneten Urteil die Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichtes gemäß Urteil vom 16.05.2014, Az.: 3 Sa 9/14 bestätigt. Danach lag ein unwirksamer Betriebsübergang von der Vivento Technical Services GmbH (VTS) zur Nokia Siemens Networks Services GmbH (NSNS) zum 01.01.2008 vor, da der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang unterrichtet wurde. Die zum Betriebsübergang von der Deutschen Telekom AG erfolgten flankierenden Maßnahmen, wie z. B. ein so genanntes „Aufhübschen der Braut“ stellten jedenfalls Tatsachen dar, die die Entscheidung der betroffenen Arbeitnehmer über Vor- und Nachteile des Betriebsüberganges maßgeblich beeinflussten. Ein verständiger Arbeitnehmer hätte diese Informationen zur Entscheidungsfindung herangezogen. Daher wären diese Informationen für eine ordnungsgemäße Unterrichtung unabdingbar gewesen.

Da der betroffene Arbeitnehmer bei der NSNS nur weiterarbeitete, hatte er sein Widerspruchsrecht auch nach über 6 Jahren nicht verwirkt.

Auch diese Entscheidung zeigt, dass es sich lohnt, um den Bestand seines - unter Umständen sehr langjährigen - Arbeitsverhältnisses zu kämpfen.
mitgeteilt von
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn
Johannesstraße 3, 99084 Erfurt

Arbeitsgericht Regensburg, 6 Ca 2653/14

Betriebsübergang Deutsche Telekom AG zur VCS GmbH 2007 - auch jetzt noch Widerspruch möglich

mitgeteilt von
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rudolf Hahn, Erfurt:
Eine Besprechung des (n. rkr.) Teilurteils des Arbeitsgerichts Regensburg
vom 22.04.2015

Das Bundesarbeitsgericht hatte mit Urteil vom 26.05.2011 entschieden, dass die Unterrichtung zum Übergang der Arbeitsverhältnisse von der Deutschen Telekom AG auf die Vivento Customer Services GmbH nicht ordnungsgemäß war. Der Arbeitnehmer widersprach dem Betriebsübergang vom 01.09.2007 mit Widerspruchsschreiben vom 30.07.2014. Er setzte die Arbeit fort und besuchte auch Schulungen, welche für die Weiterbeschäftigung am Standort erforderlich waren.

Es stellte sich nunmehr die Frage, ob der Arbeitnehmer sein Recht zum Widerspruch des Überganges des Arbeitsverhältnisses verwirkt hatte. Das Recht zu widersprechen ist verwirkt, wenn der Berechtigte sein Recht über einen bestimmten Zeitraum hin nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage war (Zeitmoment) und sich der Schuldner wegen dieser Untätigkeit des Berechtigten bei objektiver Beurteilung darauf eingerichtet und sich darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde, sodass ihm insgesamt eine Befriedigung des Gläubigers nicht zuzumuten ist (Umstandsmoment). Das erforderliche Zeitmoment war vorliegend bei fast 7 Jahren erfüllt. Für das Umstandsmoment reichte jedoch die anstandslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses alleine nicht aus. Kein schützenswertes Vertrauen folgte auch aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer an Schulungen teilnahm, die für die Weiterarbeit notwendig waren. Diese Schulungen sind ebenso zu beurteilen, wie die bloße Weiterarbeit. Schließlich wäre ohne diese Schulungen eine Weiterarbeit nicht möglich gewesen. Eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ist nicht gegeben.

Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer auch bei einer ordnungsgemäßen Unterrichtung nicht widersprochen hätte oder nicht kommt es nicht an. Dies ist im Gesetz so nicht vorgesehen. Vielmehr ist nur zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer widersprochen hat und bejahendenfalls, ob dies fristgerecht bzw. bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht verwirkt war.

Selbst wenn eine Vielzahl von Arbeitnehmern noch widersprechen können sollte, bestünde kein schützenswertes Vertrauen der Deutschen Telekom AG. Schließlich hat sie die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens selbst zu verantworten.

Die Ausführungen des Arbeitsgerichts Regensburg sind konsequent unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hierzu, wonach entscheidend ist, dass ein Arbeitnehmer über den Bestand des Arbeitsverhältnisses disponiert hat. Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht hierzu in der Entscheidung vom 11.12.2014, Az.: 8 AZR 943/13 entschieden, dass auch dann kein Umstandsmoment für Verwirkung spricht, wenn der Arbeitnehmer eine Feststellungsklage zur Sicherung der bisherigen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses erhebt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die bloße Weiterarbeit und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen von vorn herein keine Disposition über das Arbeitsverhältnis darstellen, wenn schon die Erhebung einer Feststellungsklage bezüglich der Arbeitsbedingungen keine Disposition und dadurch auch kein Umstandsmoment darstellt.

Arbeitsgericht Nordhausen, 3 Ca 1137/13

Versetzung ortsfern wegen Härtefalls nicht zulässig

Die Kindesbetreuung ist bei einer Versetzung (2013) mit über zwei Stunden Fahrzeit (eine Strecke) von Klägerin (teilzeitbeschäftigt, auch bei Blockarbeit), Ehemann oder anderen Personen nicht leistbar, so das Gericht. Deshalb handelt es sich um einen Härtefall, der das Weisungsrecht des Arbeitgebers einschränkt (s. § 106 Gewerbeordnung). Das Urteil enthält auch allgemeine Aussagen zum TV Ratio.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 21 Sa 221/14

Urlaubsabgeltung als Schadensersatz
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung Nr. 31/14
zum Urteil vom 12.06.2014, Aktenzeichen 21 Sa 221/14
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz ebenso wie den Anspruch auf Ruhepausen und Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz von sich aus zu erfüllen. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach und verfällt der Urlaubsanspruch deshalb nach Ablauf des Übertragungszeitraums, hat der Arbeitgeber ggf. Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubs zu leisten bzw. diesen Ersatzurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer vor dem Verfall des ursprünglichen Urlaubsanspruchs rechtzeitig Urlaub beantragt und dadurch den Arbeitgeber in Verzug gesetzt hatte.

Der Arbeitnehmer hat mit seiner Klage nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. die Abgeltung seines Urlaubs für das Jahr 2012 gefordert, den der Arbeitgeber nicht gewährt, der Arbeitnehmer aber auch zuvor nicht geltend gemacht hatte.

Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitgeber zur geforderten Urlaubsabgeltung verurteilt. Der Arbeitgeber habe seine Verpflichtung, den Urlaub zu erteilen, schuldhaft verletzt und müsse daher Schadensersatz leisten. Der Anspruch hänge – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 15.09.2011 – 8 AZR 846/09) – nicht davon ab, dass sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden habe.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Leitsatz der Entscheidung:
1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz von sich aus zu erfüllen. Dies ergibt sich daraus, das der gesetzliche Urlaubsanspruch dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dient und arbeitsschutzrechtlichen Charakter hat.

2. Folgt man der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 3 BUrlG befristet ist und mit Fristablauf verfällt, haben Beschäftigte nach § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubsanspruchs, wenn der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch nicht rechtzeitig erfüllt, es sei denn, der Arbeitgeber hat die Nichterfüllung nicht zu vertreten. Darauf, ob sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Verfalls des Urlaubsanspruchs im Verzug befindet, kommt es nicht an.

3. Kann der Urlaubsersatzanspruch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisiert werden, ist er nach § 251 Abs. 1 BGB abzugelten.

Bundesgerichtshof, XII ZB 354/12

Versorgungsausgleich beim Telekom-Pensionsfonds: Fondsanteile als Rechengröße

Betriebsrentenanteile sind bei einer Scheidung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Bei fondsgebundenen Systemen kann es die Besonderheit geben, dass sich die Fondsanteile oder der Wert derselben zwischen der Berechnung (Eheende) und dem „Vollzug der rechtskräftigen Teilungsentscheidung“ ändern. Bei der so genannten internen Teilung, bei der im Versorgungssystem des Ausgleichspflichtigen ein Anrecht mit einer vergleichbaren Wertentwicklung begründet wird, wird beim Telekom-Pensionsfonds der Ex-Ehepartner als „Planteilnehmer mit dem Status eines Arbeitnehmers, der mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem Dienst des Mitgliedsunternehmen ausgeschieden ist“, geführt.
In der o.a. Entscheidung des Bundesgerichtshofs gab dieser dem Anliegen des Telekom-Pensionsfonds statt, die Anteile als Fondsanteile zu berechnen und zu bezeichnen. Zwar bestimme § 45 Abs. 1 VersAusglG, „dass der Versorgungsträger bei der Berechnung des Ehezeitanteils wahlweise vom Wert des Anrechts als Rentenbetrag gemäß § 2 BetrAVG oder als Kapitalbetrag gemäß § 4 Abs. 5 BetrAVG ausgehen kann“, aber „der sich aus den allgemeinen Bestimmungen (§§ 5 Abs. 1 und 3, 39 Abs. 2 VersAusglG) ergebende Grundsatz, dass der Ausgleichswert in der im jeweiligen Versorgungssystem verwendeten Bezugsgröße zu bestimmen ist, soll - auch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 49) - für alle Versorgungsträger und damit auch für die Träger der betrieblichen Altersversorgung gleichermaßen Geltung beanspruchen“.

Terminsbericht
Schadensersatz bei unwirksamer Änderungskündigung
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Rudolf Hahn, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Erfurt
Am 05.02.2015 fand beim Arbeitsgericht Bonn eine Schadensersatzklage eines Arbeitnehmers gegen die Deutsche Telekom AG statt. Es ging um die Mehraufwendungen wie Fahrtkosten, Übernachtungskosten und Verpflegung. Diese waren aufgrund der ausgesprochenen Änderungskündigung von München nach Darmstadt angefallen, da der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung angenommen hatte. Es hatte sich ziemlich schnell herausgestellt, dass die Änderungskündigung – auch aufgrund eines Schreibens hinsichtlich einer Zusage zu einem wohnortnahen Einsatzes – unwirksam war. Die Deutsche Telekom AG ging jedoch in Berufung zum Landesarbeitsgericht, welche die Änderungskündigung ebenfalls als unwirksam ansah, anschließend hatte das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde mit einem Satz als unbegründet ab getan. Es konnte nunmehr ein Vergleich erzielt werden, der einen Abgeltungsbetrag für die vorbezeichneten Aufwendungen vorsieht. Insofern galt es zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer auch in München Verpflegungs- und Fahrtkosten gehabt hätte, welche in Anrechnung zu bringen gewesen wären. Auch stellte sich die Frage der Anspruchsgrundlage und des Verschuldens des Arbeitsgebers.

Im Ergebnis kann der Arbeitnehmer, der persönlich zur Verhandlung zugegen war (Anmerkung: dies war sehr gut, da unmittelbar vor Ort Einzelheiten abgestimmt werden konnten und auch offene Fragen sofort geklärt werden konnten) mit dem Ergebnis leben, zumal er ja weiter arbeiten muss und die Einigung auch für das Betriebsklima beziehungsweise das Arbeitsverhältnis von Vorteil ist.

Anmerkung:
Auch dies zeigt abermals, dass man für seine Rechte kämpfen muss und durchaus Chancen hat, seine Ansprüche durchzusetzen beziehungsweise zumindest einen Vergleich auszuhandeln.

Arbeitsgericht Bonn, 6 Ca 1853/13, Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 822/13, Bundesarbeitsgericht, 7 AZN 557/14

Kurzbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rudolf Hahn, Erfurt zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 12.11.2014, Az.: 7 AZN 557/14 sowie dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17.04.2014, Az.: 6 Sa 822/13

Weitere unwirksame Versetzung nach Darmstadt

Der Arbeitnehmer war seit 1978 bei der Deutschen Telekom AG bzw. den Rechtsvorgängern beschäftigt. Im Rahmen einer Auslagerung war er ab 1999 bis 2006 bei der T-Nova GmbH tätig. Das Arbeitsverhältnis lebte dann ab 2006 wieder auf, da er nicht zur T-Nova GmbH bzw. nunmehr T-Systems International GmbH wechseln wollte. Er wurde zur PBM-NL (Personalbetreuung für zu Inlandstöchtern beurlaubte Mitarbeiter) zugeordnet und dreimal vorübergehend im Rahmen von konzerninterner Leiharbeit eingesetzt. Er besitzt den besonderen Kündigungsschutz gemäß § 47 TV-Ang. Danach ist er ordentlich unkündbar mit der Ausnahme zum Zwecke der Herabgruppierung, wenn eine Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden betrieblichen Gründen nachweisbar nicht mehr möglich ist.

In einem Versetzungsschreiben von 2001 zur PBM-NL wurde ihm zugesagt, nach Beendigung der Tätigkeit bei T-Nova zu einer wohnortnahen Organisationseinheit versetzt zu werden.

Die Deutsche Telekom AG sprach unter dem 29.04.2013 eine Änderungskündigung aus, sie bot dem Kläger an, das Arbeitsverhältnis im Betrieb Vivento im dortigen Bereich Vivento Business Services in Darmstadt fortzusetzen. Das Änderungsangebot wurde unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen. Gegen die Änderungskündigung wurde beim Arbeitsgericht Bonn Klage erhoben.

Die Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde der Deutschen Telekom AG ohne weitere Begründung zurück.

Sowohl das Arbeitsgericht Bonn als auch das Landesarbeitsgericht Köln waren der Auffassung, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt war.

Aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes war der Prüfungsmaßstab verschärft, weil hierdurch ein Schutz des Arbeitnehmers gewährt werden soll, der über den gesetzlichen Anforderungen hinausgeht.

Es wurde festgesellt, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorlagen, wonach die Beschäftigungsmöglichkeit zum Zeitpunkt der Kündigung voraussichtlich dauerhaft entfällt. Vorliegend konnte bereits das Merkmal der Dringlichkeit nicht durch die Deutsche Telekom AG begründet werden.

Außerdem war dem Kläger die Änderung des Arbeitsortes aufgrund der Entfernung nicht zumutbar. Insofern konnte durch die Deutsche Telekom AG nicht vorgetragen werden, welche anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ausspruch der Änderungskündigung konkret geprüft wurden.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung war auch die Zusicherung des wohnortnahen Einsatzes zu berücksichtigen.

Alles in allem war die ausgesprochene Änderungskündigung in mehrfacher Hinsicht unwirksam. Der Arbeitseinsatz in Darmstadt musste beendet werden.

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 759/12

BAG: Abzug von monatlich 4 Std und 20 Minuten aus Arbeitszeitkonten der ehemaligen DT DB - Mitarbeiter war nicht rechtmäßig

Die Deutsche Telekom AG war nicht zur Herausbuchung von monatlich 4 Std und 20 Minuten Arbeitsstunden aus dem Arbeitszeitkonto der Klägerin berechtigt. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Wiedergutschrift, soweit diese nicht bereits aufgrund der Ausschlussfrist nach § 31 Abs. 1 MTV verfallen sind.

Bei einem Streit über die Führung eines Arbeitszeitkontos kann der Arbeitnehmer entweder die Erhöhung seines Zeitguthabens um eine bestimmte Stundenzahl oder eine Zeitgutschrift in bestimmter Höhe verlangen.
Dient die begehrte Zeitgutschrift der Rückgängigmachung der Streichung eines Zeitguthabens, ist keine Konkretisierung des Leistungsbegehrens dahingehend erforderlich, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll. Wird in einem solchen Fall dem Antrag auf Gutschrift stattgegeben, weiß der Arbeitgeber, was er zu tun hat, nämlich die von ihm auf einem bestimmten Arbeitszeitkonto vorgenommene Kürzung ungeschehen zu machen.
Geht es um die Korrektur der Arbeitszeiterfassung auf einem Arbeitszeitkonto, kommt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos aus § 611 Abs. 1 BGB zu, wenn das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch nach der zugrunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen musste. Es drückt damit – in anderer Form – seinen Vergütungsanspruch aus. Wegen dieser Dokumentationsfunktion darf der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und dort eingestellte Stunden streichen. Kürzt oder streicht der Arbeitgeber zu Unrecht ein Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift der gestrichenen Stunden.