Gerichtsentscheidungen Arbeitnehmer JOB/TPS/Vivento/TV-Ratio

Hier findest Du wichtige Gerichtsentscheidungen

TV-Ratio rechtswidrig: Kündigungsschutz ausgehebelt

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 13 Sa 863/05

TV-Ratio rechtswidrig: Kündigungsschutz ausgehebelt

Der klagende Kollege lehnt die Unterzeichnung eines dreiseitigen Vertrages zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der T-Com Zentrale unter Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der T- Nova ab. Er wird daraufhin nach Vivento versetzt. Das LAG stellt fest, dass die Versetzung eines Arbeitnehmers der Deutschen Telekom AG in die Vivento nicht auf der Grundlage des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts möglich ist. Dieses erlaubt nicht die Zuweisung einer Tätigkeit, die sich nicht als Arbeitsleistung einordnen lässt. Insbesondere kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht per Direktionsrecht verpflichten, an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitzuwirken. Wörtlich: "Es handelt sich nämlich um eine Versetzung in einem Pseudobetrieb, in welchem dem Arbeitnehmer nur noch die Aufgabe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zukommt." Das Gericht stellt in seiner Begründung fest, dass der TV Ratio gegen den nicht abdingbaren Kernbereich des Schutzes nach § § 1 und 2 Kündigungsschutzgesetz verstößt.
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lag_duesseldorf_13sa863_05.pdf
LAG Düsseldorf 13 Sa 863/05
21.12.06

LAG Berlin 11 Sa 849/06

Landesarbeitsgericht Berlin, 11 Sa 849/06

Landesarbeitsgericht Berlin: Bahnbrechendes Urteil


Gericht erklärt dreiseitigen Vertrag (Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der DTAG bei gleichzeitigem Wechsel nach VTS) wegen widerrechtlicher Drohung für nichtig
Da dem Kläger der im § 5 TV Ratio (neue Fassung) geforderten Änderungsvertrag nicht einmal angeboten wurde, konnte Vivento auch nicht rechtswirksam die Einhaltung der in diesem Tarifvertrag geforderten Regeln, wie z.B. die Bewerbung auf Arbeitsplätze in „Geschäftsmodellen“ verlangen!

Das Gericht stellt fest, dass der unkündbare Kläger nicht einmal „Tansfermitarbeiter“ im Sinne des Tarifvertrages ist!

Zusammenfassung der Situation in der Urteilsbegründung:

Angesichts der von ihm nicht angegriffenen Versetzung zur PSA mit Mitwirkung zum 1.3.2003 unterlag er zunächst den Verpflichtungen aus dem TV Ratio 2002... Eine solche Verpflichtung konnte allenfalls die Folge der Anwendung des TV Ratio 2004 sein, der ohne Übergangsregelungen für bereits in den Bereich der PSA bzw. zu Vivento versetzten Arbeitnehmer am 1.1.2004 (beziehungsweise in Teilen am 1.1.2005) in Kraft trat (§ 22 TV Ratio 2004)... Nach § 5 Absatz 1 bis 3 TV Ratio 2004 bedurfte es nämlich noch der Umsetzung des Auswahlergebnisses, so dass die Beklagte vor dem Angebot auf Wechsel in ein anderes Geschäftsmodell dem Kläger zunächst ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages hätte machen müssen, dem für den Fall der Ablehnung eine Änderungskündigung hätte nachfolgen können… aber auch wenn man dem nicht folgen und von einer infolge Verwirkung des Klagerechts eingetretenen stillschweigenden Wandlung des Arbeitsvertrages des Klägers in ein Transfer Arbeitsverhältnis ausgehen wollte, gälte nichts anderes.“
Ergo: Da weder „hätte“, „könnte“, „würde“ noch „sollte“ greifen, ist für den ohne Änderungsvertrag in die PSA, bzw. Vivento versetzten Mitarbeiter nunmehr weder der alte Tarifvertrag noch der neue anwendbar! Den Gedanken sollte man konsequenter Weise auch in Bezug auf die verminderten Gehaltszahlungen (85/15 Regelung) in Vivento aufgreifen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde übrigens nicht zugelassen!

Das Urteil der Vorinstanz finden Sie auch in unserer Datenbank (AG Berlin AZ.: 19839/05)!
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lag_berlin_11sa849_06.pdf
LAG Berlin 11Sa 849/06
05.12.06

2 Ca 1172/05 ArbG Potsdam

Arbeitsgericht Potsdam, 2 Ca 1172/05

Versetzung nicht nach billigem Ermessen: rechtswidrig, unwirksam

Der Kläger ist im Juli 2004 in den Betrieb Vivento versetzt worden und hat erst ca. 10 Monate später dagegen geklagt. In dem Urteil wird ausgeführt, dass auch nach dieser langen Zeit das Klagerecht nicht verwirkt ist. Das Urteil ist rechtskräftig.

Das Urteil ist in unserer Datenbank auch unter "Rückkehr aus Beurlaubung" eingestellt.
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Arbg_Potsdam_2Ca_1172_05.pdf
ArbG Potsdam
AZ.: 2Ca 1172/05, 02.02.06

Arbeitsgericht Erfurt 7 Ca 1854 / 05

Arbeitsgericht Erfurt, 7 Ca 1854/05

Wieder in Erfurt: Kündigung zurückgenommen

Wenn es nicht so ernst für die Betroffenen wäre, könnte man darüber lachen: Wieder einmal musste die Telekom eine unrechtmäßig ausgesprochene Kündigung mit vorausgeschickter Abmahnung zurücknehmen. Wieder einmal wurde einem Kollegen ein "Angebot" unterbreitet, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, was dieser natürlich ablehnte und mit einer Abmahnung und rechtswidrigen Kündigung dafür belohnt wurde.
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arbg_erfurt_7ca1854_05_165.pdf
Arbeitsgericht Erfurt 7 Ca 1854 / 05
24.05.06, Vergleich

Dreiseitiger Vertrag nichtig wegen widerrechtlicher Drohung

Arbeitsgericht Berlin, 18 Ca 19839/05

Anfechtung des dreiseitigen Vertrages zum Arbeitgeberwechsel erfolgreich

Das Arbeitsgericht Berlin hat im Falle des Kollegen für Recht erkannt: Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der DTAG besteht weiter. Der dreiseitige Vertrag (Neues Arbeitsverhältnis bei VTS bei gleichzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der DTAG) ist trotz Unterschrift von Anfang an als nichtig anzusehen, weil er nur auf Grund einer Drohung zustande gekommen ist und erfolgreich angefochten wurde.
Eine in diesem Zusammenhang ausgesprochene Abmahnung muss demnach aus der Personalakte entfernt werden. Die DTAG hat Berufung eingelegt.
Das Urteil der Berufungsinstanz Landesarbeitsgericht Berlin (AZ.:11Sa 849/06) finden Sie auch in unserer Datenbank!
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arbg_berlin_18ca1983905__.pdf
ArbG_Berlin_18Ca19839/05
16.03.2006

Arbeitsgericht Hannover 10 Ca 311/05

Arbeitsgericht Hannover, 10 Ca 311/05

Alternative dreiseitiger Vertrag zum Arbeitgeberwechsel oder Kündigung nicht zulässig

Wieder einmal musste die Abmahnung und die darauf folgende Kündigung eines unkündbaren Mitarbeiters der Deutschen Telekom AG zurückgenommen werden. Die vom Gericht vorgebrachte Formulierung: “Austausch eines Arbeitgebers, und sei es durch Vertragsübernahme (3-seitiger Vertrag) gegen den Willen des Arbeitnehmers?“ könnte aus der Definition für den Bergriff „Zwangsarbeit“ stammen.
Unglaublich: Es sind immer noch weitere Verfahren in gleicher Sache anhängig.

Ethikrichtlinien sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind, wenn man sich daran nicht hält!
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arbg_hannover_10ca311_05.pdf
Protokoll ArbG Hannover
AZ.:10Ca311/05, 06.04.06

ArbG Erfurt 8 Ca 1855/05

Arbeitsgericht Erfurt, 8 Ca 1855/05, Protokoll 21.02.06

Auch in Erfurt: Telekom zieht Kündigung zurück

Außerdem: Ein Angebot ist ein Angebot (und nicht zwei Angebote)

In einem Verfahren beim Arbeitsgericht Erfurt, Az.: 8 Ca 1855/05, konnte erreicht werden, dass die Deutsche Telekom AG an der fristlosen Kündigung nicht mehr festhält und auch die zuvor ausgesprochene Abmahnung aus der Personalakte entfernt.
Dem war in der Kammerverhandlung vorausgegangen, dass das Gericht den Vertreter der Deutschen Telekom AG darauf hinwies, dass schlichtweg die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung selbst nach den eigenen Vorgaben der Deutschen Telekom AG lt. TV Ratio nicht vorlagen. Es wurde nämlich nur ein und dasselbe Vertragsangebot wiederholt vorgelegt und nicht zwei verschiedene Angebote. Auch als der Vertreter der Deutschen Telekom AG darauf hinwies, dass man die tarifliche Passage auch anders lesen könne, da es bei der Deutschen Telekom AG nur Angebote in Callcentern gäbe, sodass es nur überflüssige Förmelei wäre, dass dem Mitarbeiter zwei verschiedene Arbeitsplatzangebote im Callcenter angeboten worden wären, blieb das Gericht bei der Auffassung, dass keine zwei Vertragsangebote vorgelegt wurden.
Nach diesen deutlichen Hinweisen bat der Vertreter der Deutschen Telekom AG um Unterbrechung. Es wurde auch ein Abfindungsangebot unterbreitet, welches jedoch nicht akzeptabel war. Da die Deutsche Telekom AG keinen Wert auf eine Entscheidung des Gerichtes legte, wurde die Kündigung zurückgenommen.
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arbg_erfurt_8_ca_1855_05.pdf
Arbeitsgericht Erfurt, Az.: 8 Ca 1855/05
Protokoll 21.02.06

LAG Sachsen-Anhalt 9 Sa 804/04

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 9 Sa 804/04

Ohne rationalisierungsbedingte Gründe keine Versetzung in die Vivento

Wieder einmal hatte ein verdi-gelotster Betriebsrat gehorsam der Versetzung eines Mitarbeiters in den Betrieb Vivento, der Transfergesellschaft der Deutsche Telekom AG zugestimmt. Wie das Landesarbeitsgericht bestätigte, fehlten schlicht die rationalisierungsbedingten Gründe! Wie leider üblich hatte der Betriebsrat es nicht einmal für nötig empfunden, der Versetzung zu widersprechen. Dem Kollegen blieb wieder einmal nur die Möglichkeit mit seiner kompetenten Rechtsvertretung um sein Recht zu kämpfen.
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lag_sachsen-anhalt_9sa804_04.pdf
LAG Sachsen-Anhalt 9 Sa 804/04
11.08.2005

Telekom zieht Kündigung und Abmahnung kleinlaut zurück

Arbeitsgericht Bielefeld, 3 Ca 3123/05, Sitzungsprotokoll 25.01.2006

Beim Gerichtstermin nimmt die Telekom eine Kündigung zurück

Heutige Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bielefeld, wie schon X-mal die gleiche Nummer: Telekom mahnt einen Mitarbeiter ab, weil er nicht selbst kündigt und einen Arbeitsvertrag bei einer Tochterfirma unterschreibt. Nach der Ablehnung dieses "Angebotes" kündigt die Telekom dem unkündbaren Mitarbeiter und bekommt vor dem Arbeitsgericht - wie immer - einen auf die Nase.

Empfehlung des betroffenen Kollegen an alle Telekom Mitarbeiter:

1. Rechtsschutzversicherung abschließen
2. SOFORT gegen Unrechtmäßigkeiten angehen (z.B. Versetzung in die Vivento)
3. der proT-in beitreten
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arbg_bielefeld_3ca3123_05.pdf
AG Bielefeld, AZ.: 3Ca 3123/05
Protokoll der Sitzung vom 25.01.2006

Arbeitsgericht Lübeck 2Ca1562/05

Arbeitsgericht Lübeck, 2 Ca 1562/05

Ohne Aufhebungsvertrag bzw. Änderungskündigung: ERTV gilt statt TV Ratio bei Übergang in die Vivento

In einem Prozess eines Mitarbeiters der Deutschen Telekom - Vivento wurde eine Klage behandelt, die sich u.a. gegen die Anwendung eines neuen Vergütungssystems auf sein Arbeitsverhältnis richtete.
Dieses Vergütungssystem wurde mit dem Abschluss eines neuen Rationalisierungsschutz Tarifvertrages eingeführt. Das Gericht stellte fest, dass der ERTV (Entgelt-Rahmen-Tarifvertrag) weiterhin auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden sei und sich dieser Umstand auch nicht ohne den Abschluss eines Aufhebungsvertrages bzw. durch eine Änderungskündigung beseitigen lässt.
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arbg_luebeck_2ca1562_05.pdf
Arbeitsgericht Lübeck 2Ca1562/05
17.11.2005

Arbeitsgericht Eisenach 2(6)Ca 545/05

Arbeitsgericht Eisenach, 2(6) Ca 545/05

Erfolgreiche Klageerhebung nach 20 Monaten in der Vivento

Auszüge aus dem Urteil:
"Die Versetzung des Klägers in die Organisationseinheit Vivento ist nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt."
Deutliche Kritik am TV-Ratio: "An einem angemessenen Interessenausgleich fehlt es, wenn tarifliche Regelungen dem Arbeitgeber - ohne jede Vorgabe- Einschränkungen bis hin zur Suspendierung des Arbeitsverhältnisses gestatten."
"Die Regelung des §1 TV Ratio wahrt diese Grenzen nicht. Sie stellt im Ergebnis den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht lediglich temporär, sondern endgültig in Frage."
"Dem Kläger ist es auch nicht zumutbar, ständig wechselnden Weisungspersonen zu unterliegen."

Der Kollege war zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits 20 Monate in der Vivento. Telekom geht in die Berufung.
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ag_eisenach_2_6_ca_545_05.pdf
Arbeitsgericht Eisenach 2(6)Ca 545/05, 20.09.2005

Urteil Landesarbeitsgericht Brandenburg vom 30.06.2005

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 8 Sa 727/04

Auch LAG Sachsen-Anhalt bezeichnet Versetzung in die Vivento als unwirksam

Endgültig entschieden: Die Versetzung des Kollegen in die Vivento ist unwirksam, weil die Voraussetzungen, wie z.B. Rationalisierungsgründe, nicht nachgewiesen werden konnten.
Die tarifliche Voraussetzung für eine Versetzung muss jeweils dargelegt werden, ein pauschaler Hinweis auf "Identifizierung" per Clearing reicht nicht. Außerdem darf eine angekündigte "personalbedarfsneutrale" Personalverlagerung nicht unter §1 Abs. 2 TV Ratio (alt) eingeordnet werden.
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lag_sachsen-anhalt_8sa_727_04.pdf
Urteil Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
AZ.: 8Sa727/04, 28.06.2005

LAG-Brandenburg-9Sa79-5

Landesarbeitsgericht Brandenburg, 9 Sa 79/05

Versetzung in die Vivento auch vom LAG als unwirksam eingestuft

Die obsiegende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 30.06.2005, wonach die Versetzung nach Vivento unzulässig ist und ein Anspruch auf - vorläufige - Weiterbeschäftigung besteht.
Inhaltlich: Die Argumentation verschiedener Arbeitsgerichte wird bestätigt:
Das Arbeitsverhältnis des AN wird durch die Versetzung in die Vivento wesentlich und dauerhaft modifiziert, ohne hinreichende rechtliche Grundlage (Bestimmungen des (alten)TV Ratio widersprechen dem Kündigungsschutz...). Auch können die "vorübergehenden" Beschäftigungen in der Vivento sehr lange dauern und unterwertig sein.
Die umfangreiche Urteilsbegründung enthält viele beachtenswerte Elemente.
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lag_brandenburg_9sa79_5.pdf
Urteil Landesarbeitsgericht Brandenburg vom 30.06.2005
AZ.: 9Sa 79/05, 30.06.2005

Bericht Arbeitsgericht Krefeld, Verhandlung 22.09.05

Kollege Johannes Hamm berichtet als Prozessbeobachter:

Verhandelt wurde die Kündigungsschutzklage eines Kollegen, der trotz besonderem Kündigungsschutz (Unkündbarkeit) entlassen worden ist, weil er ein Arbeitsplatzangebot bei VTS abgelehnt hatte. Die Telekom war durch 5 (!) Sitzungsteilnehmer vertreten.

Änderungsvertrag fehlt
Schon in seiner Eröffnung äußerte der Richter erhebliche Zweifel, ob ein Arbeitnehmer, der vor Inkrafttreten des TV-Ratio-neu zu Vivento "versetzt" wurde, überhaupt nach den Regeln des TV-Ratio-neu behandelt werden kann, denn TV-Ratio-neu sieht ausdrücklich eine Änderungskündigung vor.

Keine "Verwirkung"
Es könne dem Kollegen auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn er sich seinerzeit nicht gegen die Versetzung gerichtlich gewehrt habe. Im Unterschied zu den heute nach TV-Ratio-neu versetzten Kollegen hatten die nach den alten Regeln "versetzten" Kollegen nicht die Möglichkeit ihre Versetzung richterlich überprüfen zu lassen, wie dies möglich ist, wenn heute eine Änderungskündigung ausgesprochen wird, denn gegen jede Änderungskündigung kann Kündigungsschutzklage eingereicht werden.

Von daher sah er eine Umgehung dieses Schutzrechtes, wenn nach alter Lesart versetzte Kollegen behandelt werden, wie Neuversetzungen.

Verstoß gegen Grundgesetz
Außerdem sah der Richter in den Regelungen des TV-Ratio-neu einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz), wenn bei interner Vermittlung 2 zumutbare Arbeitsplätze, bei externer Vermittlung 3 Arbeitsplätze abgelehnt werden können und bei Vermittlung in Geschäftsmodelle (hier VTS) nur 1 Arbeitsplatzangebot abgelehnt werden darf, bevor eine Beendigungskündigung ausgesprochen wird. Dem Kollegen wurde ein und das gleiche Angebot zweimal vorgelegt. Die Telekom sah darin 2 Angebote, die Kammer, also der Richter und seine beiden Beisitzer aber nur eines.

Auch aus diesem Grunde sah der Richter die Kündigung nicht als gerechtfertigt an, denn die Telekom habe sich damit nicht an den eigenen TV gehalten.

TV Ratio hat erhebliche Lücken
Weiter wurde vom Richter ausgeführt, dass der TV-Ratio-neu bei den Sanktionen, die zur Kündigung führen erhebliche Lücken aufweist. (Als juristischer Laie konnte ich dem zwar folgen, kann es aber nicht wiedergeben). Es ging aber wieder um die unterschiedlichen Sanktionen bei interner und externer Vermittlung und die dazu anders lautenden Bestimmungen bei Vermittlung in Geschäftsmodelle.

Tarif-Info kein Tarif-Vertrag

Der Vertreter der Telekom wollte dann noch eine Tarif-Info, die hierzu angeblich Ausführungsbestimmungen enthält, in den Stand eines Tarifvertrages heben. Ob dies überhaupt möglich ist wurde vom Richter bezweifelt, denn eine Tarif-Info, auch wenn sie von den Tarifvertragsparteien gemeinsam verabredet wurde, ist in der Hierarchie der Rechtsbestimmungen sicherlich nicht gleichwertig mit einem TV.

Nach strittiger Verhandlung legte der Richter der Telekom nahe, sowohl die Abmahnung, als auch die Kündigung zurück zu ziehen. Die Parteien bekamen 10 Minuten Bedenkzeit. Nach kurzer Beratung der 5 Telekomvertreter machten diese dem Kollegen und seinem Anwalt ein Angebot für einen internen Dauerarbeitsplatz. Vor dem Richter wurde die Verhandlung ausgesetzt, bis dem Gericht eine entsprechende Vergleichseinigung vorliegt.

Ich persönlich hatte hier ganz deutlich den Eindruck, dass die Telekom hier eine Entscheidung des Gerichts mit allen Mitteln verhindern wollte, denn die Ausführungen des Richters in der Verhandlung waren allzu deutlich gegen die Telekom.

Gemeinsam sind wir stark
Wie schon angedeutet bin ich kein Jurist, was ich aber festgestellt habe ist, dass eine gewisse interessierte Öffentlichkeit in den Verhandlungen den Arbeitnehmern vielleicht dienlich sein kann. Es war sehr interessant der Verhandlung zu folgen und von daher kann ich nur vorschlagen: Wenn Telekom Prozesse verhandelt werden, einfach mal hingehen!
Die klagenden Kollegen erhalten so vielleicht noch ein bisschen Rückhalt und der eine oder andere kann dann vielleicht neutral Bericht erstatten.

Vivento / VTS Kündigungen nicht erzwingbar

Arbeitsgericht Düsseldorf,4 Ca 4501/05

Tarifrecht darf Arbeitnehmer nicht zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zwingen

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte am 7.9.05 über die Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zu urteilen, die einen Vivento-Mitarbeiter (Kläger), der unter dem besonderen Kündigungsschutz des § 26 MTV steht, betraf. Dem Rechtsstreit vorausgegangen war ein Arbeitsplatzangebot bei der VTS, das der Mitarbeiter abgelehnt hatte. Nach Clearing II und Abmahnung kündigte die Dt. Telekom AG (Beklagte) außerordentlich. Die Kündigung stützte sie hierbei auf verhaltensbedingte Gründe. Diese Auffassung vertrat die Beklagte auch im erstinstanzlichen Prozess. Die Weigerung des Klägers, den dreiseitigen Vertrag abzuschließen, verletze seine Vertragspflichten schwer.
Dass es sich hierbei um eine Vertragspflicht handele, setzte die Beklagte als selbstverständlich voraus, da andernfalls das gesamte tarifvertragliche System konterkariert werde.
Nachdem sich die Beklagte vergleichsweise - etwa durch Einräumung eines längeren Rückkehrrechts - nicht einigen wollte, bestätigte das Arbeitsgericht mit seinem Urteil die Rechtsauffassung des Klägers. Es mangelt - so das Arbeitsgericht - bereits am Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 BGB i.V.m. § 26 MTV. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den dreiseitigen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen - und damit seinem bisherigen Arbeitsvertrag ein Ende zu setzen - widerspricht dem unabdingbaren Recht des Kündigungsschutzes. Nachdem der Kündigungsschutz und damit der Schutz des Bestandes des Arbeitsplatzes eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsgedankens ist, liegt insoweit zwingendes Recht vor. Es besteht daher auch keine Dispositionsfreiheit der Tarifvertragsparteien. Den Arbeitnehmer über die Regelungen des Tarifrechts zwingen zu können, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, ist daher systemwidrig.
Hieran ändert auch § 112 Abs. 5 Nr. 2 BetrVG nichts. Zwar können Tarifvertragsparteien im Rahmen eines Sozialplans auch Regelungen zu einer Beschäftigungsgesellschaft treffen, sie können außerhalb eines Betriebsüberganges i.S.d. § 613 a BGB jedoch keinen einseitigen Wechsel des Arbeitnehmers in diese Gesellschaft festlegen. Die Klage hatte somit Erfolg. Über eine Berufung der Beklagten ist noch nichts bekannt.
Rechtsanwältin Bärbel Thies
Dateianhänge
arbg_düsseldorf AZ.4_ca_4501_05.pdf
ArbG_Düsseldorf_4_Ca_4501_05
07.09.05

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