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Dauerhafte Zuweisung nach VCS in Bayern manchmal rechtmäßig

Den nachfolgender Kommentar dürfen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors hier veröffentlichen. Herr Rechtsanwalt Klaus H. Höwekamp nimmt Bezug auf die nachfolgend kurz duch nichtamtlichen Leitsatz beschriebene Gegerichtsentscheidung:

Dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei Vivento an eine Fernmeldehauptsekretärin ist rechtmäßig

Eine dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telecom (Vivento) ist auch ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn die Tochtergesellschaft hieran ein dringendes betriebliches oder personalwirtschaftliches Interesse hat und die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist. (Wird in der Entscheidung bejaht!)
VG München, Beschluss vom 23. 4. 2009 — M 21 S 5623.08 — (Bestätigt durch Beschluss des Bay VGH vom 29. 7. 2009— 15 CS 09.1174)


Anmerkung zu VG München, Beschluss vom 23. 4. 2009 - M21 S08.5623 -Bei den drei Post-Nachfolgeunternehmen Deutsche Telekom AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG sind gegenwärtig von insgesamt 362.351 Mitarbeitern noch 133 218 Beamte beschäftigt. Davon sind 3 902 Beamte zur Bundesagentur für Arbeit abgeordnet. Die im Grundgesetz verankerte Verpflichtung, Beamte amtsangemessen zu beschäftigen (Art. 33 Abs. 5 GG), stieß — wie nicht anders zu erwarten war — seit Gründung dieser Unternehmen auf zunehmende praktische Schwierigkeiten.
Zwar sind die Nachfolgeunternehmen grundsätzlich bemüht, den Anspruch der Beamten auf angemessene Beschäftigung zu erfüllen. Allerdings setzen »wirtschaftliche Zwänge« diesem Bemühen enge Grenzen: „Die hauptsächliche Schwierigkeit besteht aus Sicht aller drei Unternehmen darin, dass sich auf Grund der verschärften Wettbewerbssituation, des ständigen technischen Fortschritts und daraus resultierender organisatorischer Veränderungen der Personalbedarf insgesamt und damit verbunden auch die amtsangemessenen Einsatzmöglichkeiten für Beamtinnen und Beamte ständig verringern.“1
Das hat dazu geführt, dass die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit dieses sattsam bekannte Thema seit Jahren nicht mehr loslässt. Immerhin hat sich bundesweit ein einheitlicher Tenor herausgebildet: Im Zweifel wurde das schwere Geschütz des Art. 33 Abs. 5 GG aufgefahren und für die Beamtin / den Beamten entschieden.

In Bayern gehen die Uhren bekanntlich anders. Es ist schon erstaunlich, dass nach all den Verfahren in Sachen Vivento-Zuweisung, in denen die Rechtsfrage der amtsangemessenen Beschäftigung sowohl durch die von der 21. K des VG München zitierten Obergerichte, (Nds OVG, Beschluss vom 27. 1. 2009 — 5 ME 427/08 — DVBl Heft 6/2009, S. 399 und OVG NRW, Beschluss vom 16. 3. 2009 — 1 B 1650/08 — juris), aber auch durch das OVG LSA, (Beschluss vom 3. 2. 2009 — 1 L 151/08 — DVBl Heft 7/2009, S. 468), und nicht zuletzt durch das ebenfalls von der Kammer selbst in Bezug genommene Bundesverwaltungsgericht, (BVerwG-Urteile vom 22. 6. 2006 — 2 C 26.05 — DVBI Heft 24/2006, S. 1593 und vom 18. 9. 2008 — 2 C 126.07 — NVwZ 2009, 187), hinlänglich geklärt zu sein schien, nunmehr Bayern alles wieder auf den Kopf stellt.
Derlei Volten lassen sich — das überrascht nun nicht — nur schlagen, wenn die Schlüssigkeit der Argumentation derart gedehnt wird, dass die Ausführungen der Kammer bisweilen (unter 1.1.3 und 1.2.2) zu Zirkelschlüssen geraten: Für „nicht nachvollziehbar“ hält die Kammer „das Vorbringen der Ast., ein besonderes öffentliches Interesse i. S. d. 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO könne für Zuweisungsentscheidungen nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG schon deshalb nie bestehen, weil die Ag. auch dann noch den Anspruch des jeweiligen Beamten auf Übertragung eines abstrakten Funktionsamtes nach Art. 33 Abs. 5 GG verletze“. Als Beweis für das Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses führt die Kammer dann folgende Überlegung an: „Da die Formulierung der Vorschrift2 („nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar“) deutlich macht, dass der Bundesgesetzgeber. . . die Übertragung einer amtsangemessenen Tätigkeit für unabdingbar erachtet hat, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass eine auf § 4 Abs. 4 PostPersRG gestützte rechtmäßige Zuweisung den verfassungsrechtlichen Anspruch. . . auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen vermag.“ 3
Dies mag als abstrakt generelle Überlegung zwar richtig sein, enthebt die Kammer aber nicht der Notwendigkeit der Subsumtion unter den hier zu entscheidenden Fall. „Amtsangemessen“ ist eine Zuweisung doch nur dann, wenn sie rechtmäßig war. Und das ist doch gerade streitig. Das PostPersRG trägt den sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Anforderungen in der Tat Rechnung. Es enthält aber insbesondere keine Regelung, die es gestattet, Beamte, deren Tätigkeitsbereich durch Rationalisierungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen weggefallen ist, auf unbestimmte Zeit nicht mehr amtsangemessen zu beschäftigen, (so OVG LSA, Beschluss vom 3. 2. 2009 — 1 L 151/08 — aaO). Bereits die Zuweisungsentscheidung selbst muss die Angemessenheit des Funktionsamtes in sich tragen und sicherstellen, (OVG NRW und Nds OVG — aaO). Tut sie es nicht, kann kein öffentliches Interesse an ihrer Durchsetzung gegeben sein.
„Die Kammer schließt sich den vorstehenden Grundsätzen vollumfänglich an, vermag allerdings die in den vorzitierten Entscheidungen in der Sache selbst ein genommenen Bewertungen nicht zu teilen, wobei sie sich bewusst ist, dass (zumindest) die Entscheidung des OVG NRW vom 16. 3. 2009 zu einem Sachverhalt ergangen ist, der mit dem hier zu entscheidenden bis hin zum Vorbringen der Beteiligten gleichgelagert ist.“4 — Ja, wie denn nun?

Besonders gegen den Strich gebürstet wird die maßgebliche Entscheidung des BVerwG 5, wenn die Kammer zur Vorfrage des dringenden betrieblichen Interesses ausführt:
„Da die Ast. . .. als sog. Transferkraft geführt wird. . .‚ und hinsichtlich solcher Tätigkeiten höchstrichterlich entschieden ist, dass sie den verfassungsrechtlichen Anspruch…auf amtsangemessene Beschäftigung nicht (sic!!) erfüllen, steht fest, dass die.. . Zuweisung. . . durch ein ausreichend dringendes personalwirtschaftliches Interesse der Ag. gedeckt ist.“6 An dieser Stelle wirkt die Ausführung umso befremdlicher, als es laut Einschätzung der Kammer „offen bleiben kann, ob für die Zuweisung ein dringendes betriebliches Interesse besteht“.7Da der Kammer offenbar bewusst ist, auf wie dünnen Eis sie sich bewegt, wird am Ende noch die „ Vorläufigkeit“ als Hilfslinie eingezogen: Die „verfassungswidrige Breitbandigkeit des Anforderungsprofils“ habe „im vorliegenden Fall nicht letztgültig den Inhalt der Zuweisungsentscheidung bestimmt, sondern nur einen vorläufigen, der weiteren Konkretisierung bedürfenden Rahmen, innerhalb dessen die Breitbandigkeit von A 6 bis A 9 im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung noch unschädlich ist.“8Es verwundert dann auch nicht, dass die Kammer gegen Ende ihrer Ausführungen sogar ihre rein subjektiven Befindlichkeiten im Umgang mit Postbeamten ins Feld führt: Gegenstand der Zuweisungen seien „in der Tat Funktionen, die auch von angelernten Kräften ohne weiteres bewältigt werden sollten, wobei nach persönlichen Erfahrungen der Kammer in der Praxis nicht immer ein von Beamten des mittleren Dienstes zu erwartendes Qualitätsniveau erreicht worden ist.“9 — Soll wohl heißen, die nach Vivento versetzten Beamtinnen und Beamten sollen erst mal beweisen, dass sie den dortigen Qualitätsanforderungen überhaupt gewachsen sind.

1 Quelle: HiB Nr. 212/2009 vom 9. 7. 2009 — DVBl Report 16/2009, S. A 267.
2 § 4 Abs. 4 PostPersRG.
3 VG München unter 1.1.3.
4 VG München unter 1.2.3.1.
5 vom 18. 9. 2008 — 2 C 126.07 — NVwZ 2009, 187 — die vollinhaltlich auf das Urteil vom 22. 6. 2006 — 2 C 26.05 — DVBI Heft 24/2006, S. 1593, Bezug nimmt.
6 VG München unter 1.2.2.
7 VG München unter 1.2.2 am Anfang.
8 VG München unter 1.2.3.2.
9 VG München unter 1.2.3.3 am Ende

Rechtsanwalt Klaus H. Höwekamp
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Der Entscheidungstext der kommentierten Entscheidung selbst liegt uns nicht vor. Jedoch nehmen verschiedene der in unserer Datenbank hinterlegten Entscheidungen wiederum negativ Stellung zu dem Beschluss des VGH Bayern Stellung: VG Stade AZ.: 3 B 1143/09 (unter amtsangemessene Beschäftigung und unter Telekombeamte gegen Versetzungen und Zuweisungen zu finden), S.5 und VG München Beschluss vom 14. 08. 2009 (gleiches Gericht, späterer Beschluss!!) M21 E 09.3589, S.13, ebenfalls in beiden Rubriken zu finden. Das Gericht selbst sieht seine frühere Sicht durchaus skeptisch:
„Das Gericht verkennt nicht, dass es noch in seinem Beschluss vom 23. April 2009 (Az.: M 21 S 08.5623), der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit unanfechtbarem Beschluss vom 29. Juli 2009 (Az.: 15 CS 09.1174) bestätigt wurde, die dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit als Service Center Agent bei der Vivento Customer Services GmbH (VCS) gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG trotz der in dieser Zuweisung enthaltenen „telefonischen Akquisition von potentiellen Neukunden“ für rechtmäßig erklärt hat. Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sich die betreffende Tätigkeit im Verhältnis zu der Vielzahl anderer Tätigkeiten des Service Center Agent als untergeordnet darstellte. Zum anderen war dem Gericht zum Zeitpunkt dieser im summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Entscheidung nicht bekannt, dass VCS auch Aufträge beliebiger Unternehmen annimmt, die Kundenwerbung zum Inhalt haben können. Nach Kenntnis dieses Umstands könnte es durchaus erforderlich sein, die Rechtmäßigkeit von Zuweisungen gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG für den Fall zu überdenken, dass entgegen dem breit gefächerten Aufgabenprofil Handelstätigkeit – wie im vorliegenden Fall – faktisch den alleinigen oder nahezu alleinigen Inhalt der zugewiesenen Tätigkeit bildet.“

Beamtenrechtliche Fürsorgepflicht; Umsetzung; Ermessen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 4 S 491/06

Beamtenrechtliche Fürsorgepflicht; Umsetzung; Ermessen

Zur Frage, ob die Fürsorgepflicht gebieten kann, dass die Deutsche Telekom AG bei der Umsetzung von Beamten auch den Einsatz in anderen Organisationseinheiten erwägt.

Ergebnis:

Die Deutsche Telekom AG hat daher in Wahrnehmung ihrer Fürsorgepflicht, die ihr wegen der ihr übertragenen Ausübung der Dienstherrenbefugnisse gegenüber den bei ihr beschäftigten Bundesbeamten obliegt (vgl. Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG), die persönlichen Belange ………………….bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen und sie mit den entgegenstehenden dienstlichen Belangen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.05.2005, a.a.O. zur Abordnung)……………………Sie muss dabei aber unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes prüfen, ob der vorgesehene Einsatz eines Beamten im konkreten Fall mit Blick auf die Wahrung seiner familiären Belange jeweils zumutbar ist oder ob er zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung unterbleiben kann. Insoweit kann es geboten sein, dass die Deutsche Telekom AG in Abweichung von ihrem Grundsatz, die bei ihr beschäftigten Beamten nur innerhalb einer, ggf. auf mehrere Dienstorte verteilten, Organisationseinheit einzusetzen, einen Einsatz in einer anderen Organisationseinheit in den Blick nimmt.
Dateianhänge
VGH_Baden-Wuerttemberg_4S491_06.pdf
VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 27.4.2006, 4 S 491/06 Beamtenrechtliche Fürsorgepflicht; Umsetzung; Ermessen

Erfolgreiche Dienstaufsichtsbeschwerden bei Rückkehr aus UoB

Erfolgreiche Dienstaufsichtsbeschwerden bei Rückkehr aus UoB

Rechtsaufsichtliches Eingreifen des BMF gegen Telekom wegen Verweigerung von Bezügen
Dateianhänge
Dienstaufsichtsbeschwerde.pdf
Schreiben des BmF bzgl. Dienstaufsichtsbeschwerde

Allgemeine Infos

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, 1 B 444/05

Zum Widerruf einer In-Sich-Beurlaubung eines Beamten, die zum Zwecke der Ausübung einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis erteilt wurde.

Dem Antragsteller, einem im Bereich der Deutschen Telekom AG tätigen Beamten, war Sonderurlaub zwecks Ausübung einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis im Bereich der Deutschen Telekom AG (sog. In-Sich-Beurlaubung) gewährt worden.
Dateianhänge
Oberverwaltungsgericht NRW, 1 B 44405.pdf
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. August 2005 - l B 444/05 - (rechtskräftig)

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