Beförderung Beurteilung Beamtenrecht

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Absenkung durch Beurteiler erfordert nachvollziehbare Begründung

Verwaltungsgericht Düsseldorf Aktenzeichen: 10 L 2416/22

Ein Kommentar zur Gerichtsentscheidung von Manuela Wieland — Fachanwältin für Arbeitsrecht und für Verwaltungsrecht, Bad Godesberg
In diesem von unserer Kanzlei betriebenen Verfahren hat das Gericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben. Der Anspruch unseres Mandanten auf ermessens– und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Beförderung hat damit Erfolg.

Die zugrundeliegende Auswahlentscheidung unseres Mandanten ist nämlich insoweit rechtswidrig, als dass sie allgemeingültige Wertmaßstäbe verletzt. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die Begründung der Bewertung der Einzelmerkmale, die den an sie zu stellenden Anforderungen nicht genügt sowie die unzureichende Begründung der Gesamtnote.

So wurden die Einzelmerkmale „Allgemeine Befähigung“ „Soziale Kompetenzen“ und „Wirtschaftliches Handeln“ durch die Beurteiler jeweils mit „Gut“ bewertet, während die unmittelbaren Führungskräfte durchweg alle Einzelmerkmale in ihren Stellungnahmen mit „Sehr gut“ bewertet haben.

Diese Absenkung hätte einer hinreichend nachvollziehbaren Begründung bedurft, weil die Funktion/Tätigkeit unseres Mandanten über den gesamten Beurteilungszeitraum gegenüber seinem statusrechtlichen Amt deutlich höherwertig bewertet war. Wenn nämlich der Beamter deutlich höherwertig eingesetzt ist und gemessen an den Anforderungen seines — entsprechend A 12 — bewerteten Arbeitsposten jeweils mit „Sehr gut“ bewertet worden ist, so sind die Einzelkriterien dem Grunde nach erst recht mit der Spitzennote „Sehr gut“ zu bewerten, wenn man sie an den deutlich geringeren Anforderungen seines Statusamtes A 9 bemisst.

In den jeweils gleichlautend gewählten Erläuterungen der Beurteiler heißt es hingegen nur, dass „eine bessere Bewertung der Einzelleistung von Herrn … in Anbetracht der erzielten Ergebnisse der Beamtinnen und Beamten, die auf derselben Beurteilungsliste zu vergleichen sind, nicht möglich (ist)“. Dies vermag aber die Absenkung dahingehend nicht rechtfertigen, als dass sie formelhaft ist und insbesondere unklar bleibt, welche Ergebnisse die anderen Beamten auf der Beurteilungsliste erzielt haben.

Zwar sind die Beurteiler nicht an Beurteilungsbeiträge gebunden. Jedoch üben sie ihren Beurteilungsspielraum nur dann rechtmäßig aus, wenn sie die Beurteilungsbeiträge als Tatsachengrundlage in ihre Überlegungen einbeziehen und Abweichungen nachvollziehbar begründen. Nur so kann der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gewährleistet werden und Auswahlentscheidungen für die Besetzung von Beförderungsstellen rechtmäßig getroffen werden.
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VG_Düsseldorf_10L_2416_22.pdf
Verwaltungsgericht Düsseldorf Aktenzeichen: 10 L 2416/22

Schadenser­satz wegen ver­späteter Beförderung zugesprochen

Verwaltungsgericht Freiburg Aktenzeichen: 5 K 106-21

Kommentar von Frank Wieland, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, WIELAND Rechtsanwälte GbR
In diesem von unserer Kan­zlei betriebe­nen Ver­fahren hat die all­ge­meine Leis­tungsklage, gerichtet auf einen Anspruch dienst-​, besol­dungs– und ver­sorgungsrechtlich – im Wege des Schadenser­satzes – so gestellt zu wer­den, als sei unsere Man­dan­tin bere­its zum 01.10.2018 in ein Amt der Besol­dungs­gruppe A 13 befördert wor­den, Erfolg.

Ein Beamter kann von seinem Dien­s­therrn Ersatz des ihm durch eine Nicht­be­förderung ent­stande­nen Schadens ver­lan­gen, wenn
(1) der Dien­s­therr bei der Ver­gabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG fol­gen­den Anspruch des Beamten auf leis­tungs­gerechte Ein­beziehung in die Bewer­ber­auswahl schuld­haft ver­letzt hat,
(2) dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsver­stoß voraus­sichtlich über­tra­gen wor­den wäre
(3) und dieser alle ihm zumut­baren Rechtss­chutzmöglichkeiten zur Ver­hin­derung des Schaden­sein­tritts aus­geschöpft hat.


Diese Voraus­set­zun­gen liegen hier vor. In dem Ver­fahren des vor­läu­fi­gen Rechtss­chutzes haben die Kam­mer und der VGH Mannheim eine Ver­let­zung des Bewer­bungsver­fahren­sanspruch unserer Man­dan­tin zu Recht angenom­men.
Zum einen wird dies begrün­det, als dass Zweifel an der Dien­st­posten­be­w­er­tung und der Fehler­haftigkeit der Auswahlentschei­dung bestün­den. Die Beförderung unserer Man­dan­tin wurde wegen Nichter­fül­lung der erforder­lichen Erprobungszeit von min­destens 6 Monaten auf einer höher­w­er­ti­gen Tätigkeit unter Beru­fung auf § 32 Nr. 2 BLV abgelehnt. Allerd­ing stellt sich dieser Auss­chlussgrund vor dem Hin­ter­grund, dass es bei der Dien­stelle (hier: Bun­de­sagen­tur für Arbeit) keine Möglichkeit der Bewährung auf einer höher­w­er­ti­gen Tätigkeit während der Erprobungszeit gab und dass auch keiner der Beige­lade­nen eine solche Erprobung vor­weisen kon­nte, als rechtsmiss­bräuch­lich dar.
Des Weit­eren hat die Beklagte die Ver­let­zung des Bewer­bungsanspruch auch zu vertreten. Nach dem objektiv-​abstrakten Sorgfalts­maßstab ist auf die Anforderun­gen abzustellen, deren Beach­tung von dem ver­ant­wortlichen Beamten generell erwartet wer­den kann. Danach hätte die Beklagte erken­nen müssen, dass offen­sichtlich keiner der Beige­lade­nen eine Erprobung vor­weisen kon­nte, son­dern dass sich diese vielmehr auf ver­gle­ich­baren Posten befan­den und somit die Begrün­dung dahinge­hend rechtswidrig sein muss.
Auch ent­lastet die Kol­le­gial­gerichtregel die Beklagte vor­liegend nicht. Diese Regel findet in beamten­rechtlichen Konkur­renten­stre­it­igkeiten grund­sät­zlich Anwen­dung und liegt der Erwä­gung zugrunde, dass von einem Beamten nicht eine bessere Recht­sein­sicht als von einem Kol­le­gial­gericht erwartet und ver­langt wer­den kann.
Von der Anwend­barkeit des § 32 Nr. 2 BLV wurde näm­lich in einem Beschluss des VG Regens­burg vom 29.04.2020 – RO 1 E 18.1987 – sehr wohl aus­ge­gan­gen. Allerd­ings steht der Anwen­dung der Kol­le­gial­gericht­sregel schon ent­ge­gen, dass die ange­grif­f­ene Maß­nahme im konkreten Fall ger­ade nicht von einem Kol­le­gial­gericht als objek­tiv recht­mäßig gebil­ligt wurde. Das VG Freiburg sowie der VGH Mannheim haben eine Ver­let­zung des Bewer­bungsver­fahren­sanspruchs angenom­men (s.o). Auch liegt dem Beschluss des VG Regen­burg ein anderer Sachver­halt zugrunde, als das Gericht keine Zweifel an der Bew­er­tung des Dien­st­posten angenom­men und somit bei der Beurteilung der Recht­mäßigkeit des Auss­chlusses des Antrag­stellers davon aus­ge­gan­gen war, dass dieser keine Erprobung vor­weisen könne und zudem die Möglichkeit gehabt habe, sich auf höhere Dien­st­posten zu bewerben.
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VG_Freiburg_Urteil_5_K_106_-21.pdf
Verwaltungsgericht Freiburg Aktenzeichen: 5 K 106-21

Abbruch Beförderungsrunde 2020/2021

Verwaltungsgericht Koblenz, Aktenzeichen: 2 L 772/22.KO

Kommentar 29.09.2022 von F. Wieland, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, WIELAND Rechtsanwälte GbR
Gegenstand des Verfahrens ist ein Vermerk der Leiterin CSS-HCS über den Abbruch der Beförderungsmaßnahmen 2016, 2017, 2018/2019 und 2020/2021 auf diversen Beförderungslisten (insgesamt auf 26 Beförderungslisten), welcher den betroffenen Beamt:innen überwiegend mit Schreiben vom 12.07.2022 kommuniziert wurde.
In diesem Vermerk wird die Abbruchentscheidung ausschließlich damit begründet, dass die Beförderungsrunde nicht mehr auf der Basis der benannten Beurteilungen fortgesetzt werden könne.

Wörtlich:
„Da seit Mitte Juni 2022 die dienstlichen Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten des gehobenen und höheren Dienstes (ohne die Besoldungsgruppe A 13vz nichttechnisch) sowie der Besoldungsgruppe A9vz für den Zeitraum 01.09.2019 bis 31.08.2021 eröffnet werden, kann das bisherige Auswahlverfahren aus dem Beförderungsrunden 2016, 2017, 2018/2019 und 2020/2021 nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen. Es wird daher nicht mehr fortgeführt, sondern endgültig abgebrochen.“

Beamt:innen haben sich hiergegen mit einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel des Fortführung des jeweils betroffenen Stellenbesetzungsverfahrens zur Wehr gesetzt. Bundesweit dürften zahlreiche Verfahren anhängig sein. Obergerichtliche Rechtsprechung fehlt bislang. Die erstinstanzlichen Gerichte entscheiden ganz unterschiedlich.

Die 2. Kammer des VG Koblenz hat mit Beschluss vom 05.09.2022 im Verfahren 2 L 772/22.KO einem entsprechenden Antrag stattgegeben und daran zwischenzeitlich auch in entsprechenden Parallelentscheidungen festgehalten. Gegen den v.g. Beschluss hat die DTAG Beschwerde zum OVG eingelegt. Das VG Koblenz hat im v. g. Beschluss zutreffend hergeleitet, dass der Abbruch einer Willkür- und Missbrauchskontrolle nicht standhält und führt zutreffend aus, dass der Abbruch allein aus Gründen der fehlenden Aktualität der dienstlichen Beurteilung keinen personalwirtschaftlichen Charakter besitzt und nicht in der Organisationsgewalt des Dienstherrn wurzelt, sondern allein dem Zweck, ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügendes Stellenbesetzungsverfahren nicht fortzuführen.

Wörtlich:
„Der endgültige Abbruch fußt auf dem Organisationsermessen des Dienstherrn, das dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagert ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 25. März 2019 – 2 B 10139/19.OVG –, juris Rn. 27). Um den endgültigen Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht als willkürlich erscheinen zu lassen, ist der Dienstherr demnach gehalten, von seinem weiten Organisationsermessen unter Heranziehung personalwirtschaftlicher oder organisationsrechtlicher Erwägungen Gebrauch zu machen. Daran fehlt es hier. Der Abbruchvermerk und die an den Antragsteller gerichtete Abbruchmitteilung enthalten keine Ausführungen dazu, aus welchen personalwirtschaftlichen bzw. organisationsrechtlichen Gründen von einer Besetzung der Stellen der Beförderungsliste „ … “ endgültig abgesehen wird. (…) Da es vorliegend an einer tragfähigen Begründung für den endgültigen Abbruch fehlt und es infolge dessen nicht überprüfbar ist, ob der endgültige Abbruch auf einer dem Organisationsermessen der Antragsgegnerin zuzuordnenden Entscheidung beruht, stellt er sich als willkürlich dar. Unbeschadet der Tatsache, dass es insoweit allein auf die in der Abbruchentscheidung angeführten Gründe ankommt, hat die Antragsgegnerin auch in ihrer Antragserwiderung keine personalorganisatorischen Gründe für den endgültigen Abbruch angeführt, sondern lediglich geltend gemacht, sie sei „rechtlich gehalten“ gewesen, diese Entscheidung zu treffen. Die Einschätzung, dass die Nichtbesetzung der im Streit stehenden Stelle offensichtlich nicht von auf die konkrete Stelle bezogenen personalwirtschaftlichen Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin getragen ist, wird schließlich dadurch verstärkt, dass vor der erkennenden Kammer inzwischen mehrere Eilrechtsschutzverfahren anhängig sind, die den Abbruch der Stellenbesetzungsverfahren zu verschiedenen Beförderungslisten mit jeweils wortgleicher Begründung betreffen.“
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VG_Koblenz_2L77222_KO.pdf
Verwaltungsgericht Koblenz, Aktenzeichen: 2 L 772/22.KO

Gesamtes Beurteilungssystem der DTAG offensichtlich unvereinbar mit höherrangigem Recht

Verwaltungsgericht Göttingen, Aktenzeichen: 3 B 238/21

Stellungnahme der DTAG aus dem Bereich CSS zu den Gerichtsentscheidungen des VG Göttingen „Gesamtes Beurteilungssystem der DTAG offensichtlich unvereinbar mit höherrangigem Recht…“ :
…das VG Göttingen hat im Rahmen von drei Eilverfahren das Beurteilungssystem der DTAG insgesamt beanstandet und der DTAG untersagt, Beförderungen nach A9vz aus der Beförderungsrunde 2021/2022 vorzunehmen.
  • Zwei Eilanträge bezogen sich auf die Liste DTTechnik_T nach A9vz (Eilantrag sperrte 38 der 111 Planstellen).
  • Ein Eilantrag bezog sich auf die Liste DTTechnik_nT nach A9vz (Eilantrag sperrte 1 der 65 Planstellen).
  • Das VG Göttingen hat trotzdem generell Beförderungen nach A9vz untersagt.
  • Das OVG Niedersachsen hat die Beschlüsse vom VG Göttingen für unwirksam erklärt und die Verfahren eingestellt, nachdem die Parteien gegenseitig eine Erledigungserklärung abgegeben haben.
Was bedeutet das konkret für die DTAG?
  • Wir können wieder Beamtinnen und Beamte nach A9vz befördern. Es können Beförderungslisten freigegeben werden, die aufgrund der Beschlüsse von VG Göttingen bisher nicht freigegeben werden konnten (z.B. bei der DT BS, DT IT, DTA).
  • Bei den gesperrten Listen DTTechnik_T und DTTechnik_nT nach A9vz müssen die dienstlichen Beurteilungen der betroffenen Beamtinnen und Beamten neu erstellt werden, damit eine neue Auswahlentscheidung getroffen werden kann.
Parallel nehmen wir die Kritik des VG Göttingen zum Anlass, um zu überprüfen, was wir im Beurteilungssystem optimieren können. Hierzu werden wir Sie entsprechend informieren, sobald es konkrete Maßnahmen gibt.
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VG_Göttingen_3B238_21.pdf
Verwaltungsgericht Göttingen, Aktenzeichen: 3 B 238/21

Oberverwaltungsgericht NRW stellt fest: Abbruch der Beförderungsrunden für die Jahre 2016ff rechtswidrig

Oberverwaltungsgericht NRW, Aktenzeichen: 1 B 1563/21

Lesenswerte Gerichtsentscheidung. Alle Begründungsversuche der DTAG die den Abbruch der Beförderungsrunde rechtfertigen sollten, hielten der gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Weitere Gerichtsverfahren mit ähnlich lautenden Entscheidungen werden in Kürze hier ergänzt. (Zum Teil schon entschieden, aber Entscheidung noch nicht veröffentlicht)
1_B_1563_21_Beschluss_20220118.pdf
OVG NRW, Aktenzeichen: 1 B 1563/21

Oberverwaltungsgericht NRW, Aktenzeichen: 1 B 1729/21
Eine weiter Entscheidung der OVG NRW. Mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in Münster vom 25.01.2022, wird der DTAG aufgegeben das streitbefangene Stellenbesetzungsverfahren fortzuführen. Die bereits hier veröffentlichet Entscheidung vom 18.01.2022, wird ab Blatt 9 umfänglich zitiert.
Kommentar von Rechtsanwalt Helmut Legarth, Recklinghausen

Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat sich im Beschluss vom 25.01.2022, AZ: 1 B 1729/21, mit den Voraussetzungen für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens befasst. Da dem Beschluss eine interessante Geschichte vorausging, sei sie nachstehend zunächst geschildert:

Die DTAG informierte den Beamten im Oktober 2019, dass er im Rahmen der Beförderungsrunde 2019/2020 für eine Beförderung nicht anstehe, da das Ergebnis seiner Beurteilung von Juli 2019 nicht ausreichend sei. Der Beamte ging rechtlich gegen die dienstliche Beurteilung und die Ablehnung der Beförderung vor. Die DTAG erkannte offensichtlich zahlreiche Fehlerhaftigkeiten und erklärte, dass die Beurteilung aufgehoben und nach Neuerstellung eine neue Auswahlentscheidung getroffen werde. Damit erledigte sich das gesamte Verfahren im ersten Durchgang.

Im April 2020 fertigte die DTAG eine neue dienstliche Beurteilung, die mit demselben Gesamturteil schloss, und teilte dem Beamten mit, dass das neue Ergebnis für eine Beförderung nicht ausreichend sei. Dagegen ging der Beamte wiederum durch Widerspruchseinlegungen und spätere Klageerhebungen sowie Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes vor. Im Eilverfahren gab das Verwaltungsgericht Düsseldorf einen umfangreichen rechtlichen Hinweis und wies darauf hin, dass auch in der neu erstellten Beurteilung die Bewertungen der Einzelkriterien einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand halten würden und die Festlegung des Gesamturteils an einem Begründungsdefizit leide. Die DTAG hob die Beurteilung und Auswahlentscheidung auf und kündigte Neufertigungen an. Damit erledigte sich der zweite Durchgang.


Im Dezember 2020 fertigte die DTAG eine erneute dienstliche Beurteilung unter Beibehaltung des Gesamtergebnisses und teilte dem Beamten im Januar 2021 mit, dass das neue Ergebnis für eine Beförderung nicht reiche. Der Beamte legte gegen die Beurteilung und die Ablehnung der Beförderung Widerspruch ein und erhob später Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Er beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Durch Beschluss vom 29.03.2021 im Verfahren 10 L 228/21 untersagte das Verwaltungsgericht Düsseldorf der DTAG anderweitige Stellenbesetzungen bis über die Beförderung des Beamten erneut entschieden worden ist.

Nach Benennung zahlreicher Fehlerhaftigkeiten führt es kernsatzartig aus:
"Ist danach die dienstliche Beurteilung des Antragstellers abermals zu seinen Lasten fehlerhaft und die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung schon aus diesem Grunde rechtswidrig, so wäre ein Anspruch des Antragstellers, bis zu einer erneuten Entscheidung eine Beförderungsstelle für ihn freizuhalten, nur dann ausgeschlossen, wenn er in einem neuen Auswahlverfahren chancenlos wäre. Das ist hier nicht der Fall. Seine Aussichten, in einem neuen Auswahlverfahren, das die festgestellten Beurteilungsfehler vermeidet, ausgewählt zu werden, sind zumindest "offen" in dem Sinne, dass eine Auswahl möglich erscheint."

Die DTAG zog aus der Eilentscheidung Konsequenzen und hob die dienstliche Beurteilung und die Auswahlentscheidung auf. Damit war der dritte Durchgang erledigt.


Die DTAG läutete den vierten Durchgang ein und fertigte im Juni 2021 eine neue dienstliche Beurteilung, über deren Rechtmäßigkeit bislang noch nicht entschieden worden ist. Eine Konkurrentenmitteilung wurde nicht verschickt.

So viel zur Vorgeschichte.

Durch Verfügung von Juli 2021 teilte die DTAG dem Beamten dann mit, dass das Auswahlverfahren abgebrochen werde. Grund sei die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 14.06.2021, AZ: 1 B 431/21, in der die DTAG eine geänderte Rechtsprechung zu erkennen glaubte. Hinsichtlich der noch gesperrten Planstellen aus der Beförderungsrunde 2019/2020 erklärte sie, dass diese nicht verloren gehen sondern in der Beförderungsaktion 2021/2022 erneut vergeben und der jeweiligen Beförderungsliste zugeordnet werden.

Gegen den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens wurde Widerspruch eingelegt. Da das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 03.12.2014, AZ: 2 A 3.13, zum Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens entschieden hat, dass effektiver Rechtsschutz für das auf Fortführung eines abgebrochenen Auswahlverfahrens gerichtete Begehren allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, mit ihm das Fehlen eines sachlichen Grundes geltend gemacht werden kann und der Antrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über den Abbruchsgrund zu stellen ist, hat der Beamte vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnte den Eilantrag ab. Es wies darauf hin, dass es beim Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens zwei unterschiedliche Fallkonstellationen gibt. Hat sich der Dienstherr entschieden, die konkrete Stelle nicht mehr zu besetzen, ist er keinen strengen Bindungen unterworfen, denn eine solche Entscheidung unterfällt dem weiten Organisationsermessen. Eine gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob sich die Entscheidung zum Abbruch als willkürlich oder rechtsmissbräuchlich erweist. Will der Dienstherr jedoch unbeschadet der getroffenen Auswahlentscheidung die Stelle weiterhin vergeben, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren durchführen, ist Prüfungsmaßstab für den Abbruch Art. 33 Abs. 2 GG. Deswegen bedarf es in einer solchen Fallgestaltung für die Abbruchentscheidung eines sachlichen Grundes.

Die streitige Abbruchsentscheidung sei der ersten Fallgruppe zuzurechnen. Sie sei weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich und damit beanstandungsfrei. Aber selbst wenn die Maßnahme der zweiten Fallgruppe zuzurechnen wäre, wäre der Abbruch nicht zu beanstanden, denn in der Absicht, die weitere Auswahlentscheidung einheitlich auf der Grundlage neuer dienstlicher Beurteilungen zu treffen, liege ein anerkennenswerter Sachgrund.

ln der Beschwerdeinstanz änderte das Oberverwaltungsgericht Münster den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ab und gab der DTAG auf, das Stellenbesetzungsverfahren fortzuführen.

Die Ausführungen zum Streitwert verärgern. Wie auch im Streitwertbeschwerdeverfahren 1 E 913/21 ausgeführt, ist unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Beschlüsse vom 29.07.2020, AZ: 2 VR 3.20, und vom 10.12.2018, AZ: 2 VR 4.18, der Auffangstreitwert nur dann angemessen, wenn der Antrag lediglich auf die Fortführung der Beförderungsrunden gerichtet ist. Wird hingegen auch die Neubescheidung beantragt, beläuft sich der Streitwert nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 6 GKG auf die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge. Das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich am Antrag des Rechtsuchenden. Davon weicht der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Münster mit einer Begründung ab, die nicht akzeptabel ist.

Mit der ersten Instanz geht der Senat hart ins Gericht. Er bezeichnet die Annahme, die DTAG habe das Stellenbesetzungsverfahre endgültig abgebrochen, als ebenso fehlerhaft wie die hilfsweise Annahme, es gäbe einen erforderlichen sachlichen Grund.
Die wesentlichen Aussagen in der Sache sind eindeutig.
OVG_NRW_1B1729 _21.pdf
OVG NRW, Aktenzeichen: 1 B 1729/21

VG Düsseldorf: Das Stellenbesetzungsverfahren der Beförderungsrunde 2017 (u.a. gehobener Dienst) muss fortgesetzt werden

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Aktenzeichen: 10 L 2065/20

Kommentar Rechtsanwalt Frank Wieland- Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Bonn
Der vorliegende Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf betrifft die Konstellation eines nicht ausdrücklich erklärten, aber faktisch vorgenommenen Abbruchs.

Aktuell sind hier in der tatsächlichen Praxis der Telekom AG, aber auch der Rechtsprechung zwei unterschiedliche Konstellationen zu unterscheiden, nämlich einerseits Konstellationen, in denen die Telekom AG eine Abbruch oder Teilabbruch explizit erklärt (so jüngst Beschlüsse des OVG Münster vom 18.01.2022 und vom 25.01.2022) und Konstellationen, in denen ein Abbruch nicht explizit erklärt wird, sich aber aus den Umständen ergibt, etwa aufgrund der Behauptung Planstellen an den BMF zurückgegeben zu haben o.ä.

Bei dieser letztgenannte Konstellation spricht man von einem sogenannten faktischen Abbruch.

Dazu verhält sich der nachfolgende Beschluss des VG Düsseldorf vom 17.12.2021, Az. 10 L 2065 /20, in dem das VG Düsseldorf den Grundsatz bestätigt, dass ein einmal begonnenes Beförderungsverfahren nur durch Vergabe der Stellen oder ordnungsgemäßen Abbruch beendet werden kann. Erfolgt dies nicht, sind sämtliche Stellen, die Gegenstand des ursprünglichen Beförderungsverfahrens waren, weiter zu vergeben und zwar – dies ist für die Betroffenen von besonderer Bedeutung – unter dem begrenzten Bewerberfeld des alten Verfahrens und nicht aus einem gegebenenfalls vergrößerten Bewerberfeld durch ein neues Verfahren oder durch „Zuschlagen“ zur nächsten Beförderungsrunde.

Das Verwaltungsgericht hat dementsprechend die Telekom AG verpflichtet eine weitere Beförderungsplanstelle nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG unter Einbeziehung des Antragstellers zu vergeben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf schließt sich damit bere­its bekannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.3.2021 an.

Damit wird erneut dem Vorgehen der Telekom AG, ursprünglich zur Vergabe vorgesehene Planstellen an dem BMF zurückzugeben und nicht neu zu vergeben, ein Riegel vorgeschoben. Insbesondere führt eine anderweitige Beförderung oder gar zwischenzeitliches Ausscheiden der zunächst ausgewählten Beamten*Innen nicht zu einem Untergang des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragsstellers in der ursprünglich betroffenen Beförderungsrunde.

Der Hinweis auf den Haushaltsplan bezogen auf die Planstellenbewirtschaftung ändere dabei auch nichts und begründe demnach keinen Wegfall der ursprünglich vorhandenen Stellen.
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VG_Düsseldorf_10_L_2065_20.pdf
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Aktenzeichen: 10 L 2065/20

Nach 6 Jahren Rechtsstreit: Schadenersatz wegen ausgebliebener Beförderung

Verwaltungsgericht Stuttgart, Aktenzeichen: 12 K 11108/18
Der betroffene Kollege kann sich nun im Ruhestand über eine üppige Pensionsaufbesserung freuen. Mit dem Urteil vom 14. Juli 2021 stellt das Verwaltungsgericht Stuttgart fest: Die Beklagte wird unter Aufhebung der Verfügung vom 12.09.2017 verpflichtet, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er am 01.05.2015 zum Postamtsrat (A 12) ernannt worden.

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten ausschlaggebend war und wenn der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Wie bereits zuvor gerichtlich festgestellt wurde, hatte die Telekom die Bewerberauswahl und damit ihre Entscheidung gegen den Kläger nicht auf der Grundlage hinreichend differenzierter, auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden und unter Beachtung allgemeingültigen Bewertungsmaßstäbe erstellten, mithin rechtmäßigen dienstlichen Beurteilungen getroffen. Erschwerend kam hinzu, dass die Telekom keine Entscheidung über die Beförderung des Klägers, selbst nach dessen Erfolg im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, getroffen und auch keine korrigierte dienstliche Beurteilung erstellt hat.

Das Gericht formuliert: “Indem sie (die Telekom), trotz dieser Kenntnis, ohne erneute Entscheidung über die Beförderung des Klägers diesen nicht befördert und auch keine korrigierte Beurteilung erstellt hat, hat sie die ihr obliegende erforderliche Sorgfalt grob verletzt und damit fahrlässig, mithin schuldhaft gehandelt (§ 276 Abs. 1 BGB).“

In der sehr lesenswerten Gerichtsentscheidung wird mit allen möglichen fadenscheinigen Gegenargumenten der Telekom aufgeräumt. Die Tatsache, dass die Entscheidung der ersten Instanz ohne Beschwerde rechtskräftig geworden ist spricht für sich.
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VG_Stuttgart_12K11108_18 .pdf
Verwaltungsgericht Stuttgart, Aktenzeichen: 12 K 11108/18

Schadensersatz wegen unterbliebener Beamtenbeförderung

Verwaltungsgericht Göttingen, Aktenzeichen: 3 A 175/18
Kommentar von Rechtsanwalt Peter Koch, Hannover
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat die Deutsche Telekom AG verurteilt, einen Beamten zu befördern und außerdem rückwirkend im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als sei er bereits zum 01.12.2014 befördert worden.

Konkurrentenklagen
Der Beamte hatte seit 2014 insgesamt 5 Konkurrentenklagen geführt, um in den laufenden Beförderungsrunden seinen Bewerbungsverfahrensanspruch zu sichern. Dabei machte er unter anderem geltend, dass seine dienstliche Beurteilung, auf die die jeweiligen Auswahlentscheidungen gestützt wurden, rechtswidrig war. Keines dieser Verfahren hatte er verloren. Sie endeten zum Teil durch Gerichtsbeschlüsse, zum Teil durch Vergleiche. Bereits im ersten Verfahren hatte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass seiner Beurteilung eine fehlerhafte Stellungnahme einer Führungskraft zu Grunde lag. Die Einzelnoten passten nicht zu den textlichen Erläuterungen. Außerdem war dieser Vorgesetzte in einer der
Beförderungsrunden selbst Konkurrent. Dies war bei der Beurteilung und im Auswahlverfahren nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Fehlerhafte dienstliche Beurteilungen
Diese Stellungnahme wurde zunächst gar nicht und später nur unzureichend korrigiert, sodass sich der Fehler in den folgenden Konkurrentenverfahren teilweise fortsetzte. In einem der späteren Verfahren stellte das Verwaltungsgericht Göttingen sogar fest, dass die zur Beförderung vorgesehene Kollegin von derselben Führungskraft deutlich bessere Noten erhalten hatte, obwohl einige textliche Erläuterungen mit denen des Klägers im Wortlaut teilweise identisch waren. Nachdem der Beamte dann auch im fünften Anlauf die Beförderungsauswahl stoppen konnte, erhob er Schadenersatzklage mit dem Ziel, rückwirkend so gestellt zu werden, als sei er bereits im ersten Durchgang 2014 befördert worden. Dieser Klage gab das Verwaltungsgericht in vollem Umfang statt.

Beweislastumkehr
Das Urteil ist auf eine sogenannte „ Beweislastumkehr“ gestützt. Das bedeutet: Wenn es dem Dienstherrn über mehrere Jahre hinweg nicht gelingt, eine rechtmäßige Beurteilung zu erstellen, muss der Dienstherr beweisen, dass die Leistung des ​Beamten auch mit einer rechtmäßigen Beurteilung nicht für eine Beförderung ausgereicht hätte. Kann der Dienstherr diesen Beweis nicht führen (was nach 6 Jahren objektiv kaum noch möglich sein dürfte), ist der Beamte so zu stellen, als hätte er von Anfang an einen Beförderungsanspruch gehabt. Das Verwaltungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus: „Die Beklagte hat über einen Zeitraum von mittlerweile 6 Jahren verschiedene Rechtsfehler ihrer Beurteilungen des Klägers nicht abgestellt. Den vorgelegten sogenannten Personalakten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat. Sie hat vielmehr bekundet, die derzeit anhängigen gerichtlichen Verfahren abwarten zu wollen. Sie hat zudem die für die Beförderungsrunde 2015 durchgeführte Feinausschärfung nicht dokumentiert, sodass sie einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist. Dies soll nach Aussage des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in der Vergangenheit durchgehend so gewesen sein. Dieses Verhalten der Beklagten kann den Kläger nicht angelastet werden. In einem solchen Fall kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des Klägers bei rechtmäßigen Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn als seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Artikel 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre. Dies schließt die Möglichkeit ein, dass in Einzelfällen nicht nur ein, sondern mehrere unterlegene Kandidaten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterbliebener Beförderung geltend machen können, wenn sie die ernsthafte Möglichkeit einer für sie positiven Auswahlentscheidung darlegen können.“

Verwaltungsgericht Göttingen – U.V. 02.12.2020 – 3 A 175/18
Der Beamte wurde zwischenzeitlich befördert.
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VG_Goettingen_02.12.2020_3A175.18.pdf
Verwaltungsgericht Göttingen Aktenzeichen: 3 A 175/18

Beurteilung aufgehoben / erneute dienstliche Beurteilung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Aktenzeichen: 12 K 6186/18
Die Deutsche Telekom AG wird verurteilt dem klagenden Beamten eine neue Beurteilung zu erstellen und muss die Verfahrenskosten übernehmen.

Lediglich am Ende der Begründung der Beurteilung ist ein Textbaustein zur ergänzenden Erläuterung der Bildung des Gesamturteils enthalten, der jedoch die notwendige Wertung vermissen lässt. „Sein Gehalt erschöpft sich darin, in abstrakter Weise die Grundzüge des anzuwendenden Notensystems zu schildern“.
Das Gesamtergebnis einer dienstlichen Beurteilung muss hinreichend begründet werden
Kommentar von Rechtsanwalt Christian Loh, Bad Berleburg
Dies hat das Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen im vorliegenden Rechtsstreit – erneut – wieder einmal festgestellt. In der vorliegenden Entscheidung weist das Gericht darauf hin, dass die Beurteilungsbeiträge in Textform und die daraus resultierenden Noten nachvollziehbar und übereinstimmend sein müssen. Wie in vielen vergleichbaren Fällen stimmte dies im konkreten Fall nicht. Auf die weitere Problematik der „belastbaren Tatsachengrundlage – vorliegend wurde ein Beurteilungsbeitrag nicht berücksichtigt – kam es letztendlich nicht mehr an.

Interessant sind dabei insbesondere die gerichtlichen Ausführungen zum sechsstufigen Notensystem bei den Gesamtergebnissen. Das von der Deutschen Telekom AG gewählte System ist zwar nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich anwendbar, jedoch muss dann bei der Bildung der Gesamtnote- so das Gericht – in den Beurteilungsrichtlinien vorgegeben werden, wie aus einen fünfstufigen
Notensystem eine sechsstufige Gesamtnote zu bilden ist.

Dass es in der Praxis in aller Regel hier zu nicht nachvollziehbaren Entscheidungen kommt wird hier allgemein für alle Notenstufen als nicht tragbar gesehen. Das Gericht weist – aus unserer Sicht zutreffend – darauf hin, dass die Vergabe der Gesamtnote in den Beurteilungsrichtlinien vorgegeben werden muss oder sich mindestens aus dem Beurteilungssystem „in sonstiger Weise klar entnommen werden kann“. Nicht nur – aber gerade hinsichtlich der Vergabe der Note „hervorragend“ hat das Gericht hier „den Nagel auf den Kopf getroffen“.

Die Nachvollziehbarkeit zwischen Beurteilungsbeitrag, Einzelnote und Gesamturteil ist – so das Gericht - im vorliegenden Fall, der sich sicher auf sehr viele Beurteilungsverfahren übertragen lässt, nicht geschehen. Die hier gegebenen Begründungen, die den Standardbegründungen für Beurteilungen entsprechen, werden als „nicht ausreichend“ angesehen.

Das hier ergangene Urteil weist daher erneut auf die immer noch oftmals undurchsichtige Beurteilungspraxis der Deutschen Telekom AG hin und zeigt auf, dass gerade bei Anwendung des sechsstufigen Notensystems bei einer fünfstufigen Leistungsbeurteilung mit besonderer Sorgfalt und Transparenz beurteilt werden muss. Dass dies in der Praxis immer noch nicht erfolgt, zeigen gerade in diesem Monat wieder zahlreiche Eilverfahren gegen Beförderungsentscheidungen aus Oktober 2020, die vielleicht vermeidbar wären, wenn Beurteilungen nachvollziehbar erstellt würden und insbesondere auch die Transformation der Beurteilungen in das sechsstufige Notensystem nicht mehr abhängig von „herausragenden Leistungen“ wäre, sondern hier eine klare Regelung getroffen würde, wann welche Note zu vergeben ist. Das aktuelle Urteil zeigt, dass die hohe Zahl von für lange Zeit gesperrten Beförderungslisten erst dann vorbei sein dürfte, wenn hier noch einmal – wie es die Gerichte schon lange fordern – nachgebessert wird.
Dateianhänge
VG_Gelsenkirchen_12K6186_18.pdf
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Aktenzeichen: 12 K 6186/18

Erprobungszeiten

Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Aktenzeichen: 1 B 2822/19 und 1 B 2824/19

Erprobungszeiten als Auswahlkriterium für Beförderungen
Erprobungszeiten als Auswahlkriterium für Beförderungen

Ein Beamter der DTAG bekam in seiner dienstlichen Beurteilung in sechs von sieben zu bewertenden Einzelmerkmalen die Note „Sehr gut“. Er erhielt das Gesamturteil hervorragend „Basis“ und landete auf Platz 1 der Beförderungsliste. Trotzdem berücksichtigte man ihn bei der Beförderungsrunde nicht. Das begründete die Deutsche Telekom AG damit, dass er die erforderliche Erprobungszeit von mindestens sechs Monaten auf einem höherwertigen Dienstposten nicht erbracht habe. Dagegen legte der Beamte Widerspruch ein und suchte um vorläufigen Rechtsschutz nach. Das Verwaltungsgericht Darmstadt entschied zu seinen Gunsten (VG Darmstadt 1 L 2622/18 DA). Diesbezügliche Beschwerden der DTAG wiesen die zuständigen Verwaltungsrichter beim Verwaltungsgerichtshof Hessen zurück. (VGH Hessen 1 B 2822/19 und 1 B 2824/19)

Aus den Dokumenten zum Auswahlverfahren lässt sich nicht nachvollziehen, dass die Erprobungszeit entscheidungsrelevant ist. Es gibt dazu beispielsweise keine spezifischen Angaben in den Beförderungslisten oder der dienstlichen Beurteilung. Davon abgesehen ist nicht erkennbar, dass eine Beförderung im verhandelten Fall von diesem Auswahlkriterium abhängig gemacht werden dürfte. Die Beförderungsrichtlinien des Konzerns orientieren sich eng an den Regelungen der Bundeslaufbahnverordnung (BLV). Demnach kann ein Beamter befördert werden, wenn er zuvor gemäß Leistungsgrundsatz für eine höherwertige Funktion ausgewählt wurde und sich auf dem zugewiesenen Dienstposten bewährt hat. Das trifft allerdings auf die strittige Beförderungsrunde nicht zu. Die vorhergehende Erprobung kommt somit als Entscheidungskriterium nicht Betracht. Deshalb ist es für die Verwaltungsrichter nebensächlich, dass der betroffene Beamte bereits höherwertige Tätigkeiten ausübt. Dementgegen ließ sich bei den bevorzugten Konkurrenten nur bedingt oder gar nicht nachvollziehen, woraus die DTAG deren vermeintliche Erprobung ableitete.

Die DTAG hat die Rechtsprechung vorsichtshalber an das BMF weitergeleitet - eine Rückmeldung steht noch aus.
Zum Kommentar der führenden Entscheidung 1 B 202/ 20 von RA Peter Koch
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Hessischer_VGH_1B2824-19.pdf
Hessischer Verwaltungsgerichtshof 1 B 2824/19
Hessischer_ VGH_1B2822-19.pdf
Hessischer Verwaltungsgerichtshof 1 B 2822/19

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen stoppt anderweitige Beförderungen

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 12 L 1725/19

Fehlerhäufung im Beurteilungsverfahren und der Personalbesetzung
Kommentar von Rechtsanwalt Helmut Legarth, Recklinghausen
Beurteilungsbeitrag eines unzuständigen Mitarbeiters -> Fehlerhafte Beurteilung -> Falsche Auswahlentscheidung

Eine fehlerhafte Beförderungsentscheidung liegt vor, wenn eine unzutreffende Führungskraft den Beurteilungsbeitrag für die dienstliche Beurteilung erstellt.

Regelmäßig hebt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die sich auf Stellenbesetzungen beziehen, hervor, dass jeder Fehler, einschließlich möglicher Fehler in der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilung, der für das Auswahlergebnis kausal sein kann, dazu führt, dass zunächst anderweitige Stellenbesetzungen untersagt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn von einer "offensichtlichen Chancenlosigkeit" auszugehen ist, d. h. auch bei Ausmerzung des Fehlers keine Beförderung denkbar ist.

Im Beschluss vom 07.04.2020, AZ: 12 L 1725/19, hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Fehler, den die Antragstellerseite herausgestrichen hat, für erheblich erklärt.

Die Antragstellerin wurde für den Zeitraum vom 01.09.2016 bis 31.08.2018 dienstlich beurteilt. Der dienstlichen Beurteilung wurden zwei Beurteilungsbeiträge zugrunde gelegt. Der erste Beurteilungsbeitrag wurde von der unmittelbaren Führungskraft erstellt und der zweite Beurteilungsbeitrag von einer Person, die nicht unmittelbare Führungskraft war. Die Berücksichtigung eines Beurteilungsbeitrages eines unzuständigen Mitarbeiters hat das Gericht als rechtserheblichen Fehler eingestuft. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass die zuständige unmittelbare Führungskraft die Antragstellerin in allen Einzelkriterien mit „sehr gut" bewertet hat, die unzuständige Führungskraft hingegen um mindestens eine Notenstufe schlechter.

Aus der eindeutigen Eilentscheidung hat die DTAG erfreulich schnell die notwendigen Konsequenzen gezogen. Noch im April 2020 wurde die Auswahlentscheidung aufgehoben, und im Juli 2020 wurde eine neue dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der weiteren Stellungnahme der zuständigen Führungskraft eröffnet. Das Gesamturteil wurde angehoben. Es reicht jetzt für eine Beförderung.
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VG_Gelsenkirchen_12L1725_19.pdf
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 12 L 1725/19

Beurteilungssystem für Telekom-Beamte erneut in den Grundfesten erschüttert

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Aktenzeichen: 1 B 709/19

Vorläufige Untersagung der Besetzung von Beförderungsstellen (Beförderungsrunde 2017/2018), hier: Beschwerde im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


Beim Verwaltungsgericht Münster (VG) ging im März 2019 der Antrag eines Telekom-Beamten ein. Dort teilte man seine Auffassung, dass das Beurteilungsverfahren bei der Beförderungsrunde 2017/2018 fehlerhaft war. Dementsprechend ist es angezeigt, über seine Bewerbung nach Ausräumen der Beurteilungsmängel erneut zu entscheiden. Gegen den VG-Beschluss zugunsten des Beamten legte die DTAG Beschwerde ein – erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht schloss sich am 14. April 2020 der Vorinstanz an.

Kurzskizze des Systems und der angekreideten Mängel
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Rechtfertigungen mit langem Bart seitens der DTAG
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OVG-Richter mit dickem Hals
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Graue Haare bei den Betroffenen vorprogrammiert
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OVG_NRW_1B_709_19.pdf
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Aktenzeichen: 1 B 709/19

Trendwende in der Rechtsprechung

Verwaltungsgericht Koblenz, Aktenzeichen: 2 L 1264/19.KO

Nicht vergebene Planstellen aus vorherigen Beförderungsrunden verfallen nicht!
Die Deutsche Telekom AG wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das Auswahlverfahren betreffend die Beförderungsrunde A9_vz 2017/2018 fortzusetzen und hierbei die Beförderungsliste DTKS_T vom 14. Juni 2019 um die Beförderungsoptionen 3 und 4 zu erweitern sowie hinsichtlich dieser Beförderungsoptionen eine Auswahlentscheidung unter Einbeziehung des Antragstellers und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen.
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VG_Koblenz_2L1264_19.pdf
Verwaltungsgericht Koblenz, Aktenzeichen: 2 L 1264/19.KO

Beförderungen bei der DTAG erst nach höherwertigem Einsatz?

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - Aktenzeichen: 1 B 202/20,
Verwaltungsgericht Minden -Az.: 12 L 1514/18,
Verwaltungsgericht Hannover - Az.: 13 B 6159/17


Kommentar von Rechtsanwalt Peter Koch, Hannover
In mehreren Beförderungsverfahren der Deutschen Telekom AG ging es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beförderung davon abhängig gemacht werden darf, dass der Beamte sich bereits vor der Auswahlentscheidung in einer höherwertigen Funktion bewährt hat. Die DTAG hatte in einigen Fällen Beamte trotz guter Beurteilungsnoten von einer Beförderung ausgeschlossen, weil diese sich nicht zuvor in einer höherwertigen Tätigkeit bewährt hatten. Die DTAG stützte sich insoweit auf § 32 Nr. 2 der Bundeslaufbahnverordnung, wonach eine Beamtin oder ein Beamter befördert werden kann, wenn im Fall der Übertragung einer höherwertigen Funktion die Eignung in einer Erprobungszeit nachgewiesen wurde.

Diese Praxis haben wir in mehreren Verfahren erfolgreich mit dem Argument angefochten, dass sich das Erfordernis der Bewährung auf eine künftig zu übertragende höherwertige Tätigkeit bezieht und nicht auf vergangene Einsätze.

U. a. hat das Verwaltungsgericht Hannover in einem Beschluss vom 23.01.2018 festgestellt, dass die klagende Beamtin nicht allein wegen fehlender Erprobungszeiten vom Beförderungsverfahren hätte ausgeschlossen werden dürfen. In dem Fall ging es um eine Beförderung von A11 nach A12. Auf der Beförderungsliste standen 23 Beamte. Verfügbar war eine einzige Beförderungsplanstelle. Voraussetzung für eine Beförderung war ein Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung von mindestens "sehr gut ." Der für die Beförderung ausgewählte Konkurrent und auch unsere Mandantin hatten beide diese Beurteilungsnote erhalten. Der zum Verfahren beigeladene Konkurrent wurde mit der vorstehend beschriebenen Begründung ausgewählt, dass er in der Vergangenheit bereits eine Erprobung in einer höherwertigen Tätigkeit erfolgreich absolviert hatte. Das Verwaltungsgericht untersagte der Telekom die geplante Beförderung, weil zum einen gar nicht hinreichend geklärt war, dass der Konkurrent tatsächlich einen höherwertigen Einsatz gehabt hatte. Außerdem hätte die Erprobung auf einem höherwertigen Posten nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn auch dieser Posten in einem Auswahlverfahren unter Beachtung des Leistungsprinzips vergeben worden wäre. Dies sei aber nicht erkennbar. Außerdem würde die zugerechnete Erprobungszeit zeitlich so weit zurückliegen, dass sie für einen aktuellen Leistungsvergleich keine Aussagekraft mehr habe. VG Hannover - Beschluss vom 23.01.2018 - Az.: 13 B 6159/17- Dieser Beschluss ist rechtskräftig.

Auf der gleichen Linie liegt ein Beschluss des VG Minden vom 30.01.2020. In dieser Entscheidung stellt das Gericht fest, dass nach der Beförderungssystematik der Telekom eine Erprobung schon deshalb nicht gefordert werden dürfe, weil die Beförderung gar nicht mit der Übertragung einer höherwertigen Funktion verbunden sei, die der Beamte künftig wahrnehmen solle. Denn die Besetzung von Dienst- oder Arbeitsposten erfolge bei der Telekom unabhängig von den Beförderungsentscheidungen. Die Erprobung sei nur dann notwendig, wenn der Beamte in der Zukunft höherwertig tätig werden solle. VG Minden - Beschluss vom 30.01.2020 - Az.: 12 L 1514/18

Die dagegen erhobene Beschwerde der Deutschen Telekom AG wurde vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 05.05.2020 im Wesentlichen zurückgewiesen. Die Beschwerde hatte lediglich insoweit Erfolg, als das Oberverwaltungsgericht den Zeitpunkt, bis zu dem die Telekom das vorläufige Beförderungsverbot berücksichtigen muss, etwas "vordatiert" hat. Wenn die DTAG eine neue Beförderungsentscheidung durch Bescheid trifft, verliert das vorläufige Beförderungsverbot seine Wirksamkeit. Gegen die neue Entscheidung müsste gegebenenfalls ein neues Eilverfahren geführt werden. Auf das Gesamtergebnis des Verfahrens wirkt sich diese Einschränkung aber nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz und stellt fest, dass eine vorhergehende Erprobung auf einem höherwertigen Arbeitsposten für eine Beförderung im System der Deutschen Telekom AG nicht erforderlich ist.

Die einschlägigen Regelungen des Bundesbeamtengesetzes, der Bundeslaufbahnverordnung sowie auch der Beförderungsrichtlinien der Deutschen Telekom AG würden - so das OVG - nur Verfahren betreffen, in denen ein neuer Dienstposten, also eine neue Funktion im Sinne einer anderen Tätigkeit als bisher, übertragen werden soll. Ein solcher Funktionswechsel ist im Beförderungssystem der Deutschen Telekom AG jedoch gerade nicht vorgesehen. Die beförderten Beamten bleiben nach Übertragung des neuen Statusamtes und der neuen Besoldungsgruppe in ihren bisherigen Funktionen weiter tätig. Die Beförderungen können also ohne vorhergehende Erprobung erfolgen. Nach einer solchen Beförderung sei dem Beamten ein dem neuen Statusamt angemessener Dienstposten zu übertragen, wenn er nicht bereits einen solchen (gegebenenfalls auch gebündelten) Dienstposten innehat und weiter auf diesem eingesetzt werden soll.
OVG Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 05.05.2020 - Aktenzeichen: 1 B 202/20
Dateianhänge
OVG_NRW_1B202_20.pdf
OVG Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 05.05.2020 - Aktenzeichen: 1 B 202/20
VG_Minden_12L1514_18.pdf
VG Minden - Beschluss vom 30.01.2020 - Az.: 12 L 1514/18
VG_Hannover_13B6519_17.pdf
VG Hannover - Beschluss vom 23.01.2018 - Az.: 13 B 6159/17

Schadensersatz wegen verspäteter Beförderung nach erfolgreicher Konkurrentenklage

Verwaltungsgericht Braunschweig, 7 A 192/18

Schadensersatz wegen verspäteter Beförderung – Beamte der DTAG

Kommentar von Rechtsanwalt Peter Koch, Hannover:
Erfolgt eine Beförderung erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung im Anschluss an einen erfolgreichen Konkurrentenrechtsstreit, kann dies einen Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn begründen. Dies hat das Verwaltungsgericht Brauschweig in einem Urteil vom 17.10.2019 entschieden.

In dem konkreten Fall war der Beamte zunächst erfolgreich gerichtlich gegen seine Nichtberücksichtigung in der Beförderungsrunde 2015 vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte in diesem Verfahren mit Beschluss vom 12.02.2016 (7 B 223/15) festgestellt, dass seine dienstliche Beurteilung zu schlecht ausgefallen war, weil die Beurteiler seine höherwertige Tätigkeit nicht ausreichend berücksichtigt hatten. Der Beamte wurde daraufhin neu beurteilt, erhielt ein deutlich besseres Gesamturteil und wurde aufgrund dieser neuen Beurteilung ein Jahr später mit Wirkung zum 01.06.2016 befördert.

Im Anschluss daran machte er einen Schadensersatzanspruch mit dem Ziel geltend, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als sei die Beförderung bereits ein Jahr früher erfolgt. Die DTAG lehnte diesen Anspruch ab, das Verwaltungsgericht Braunschweig gab der Klage jedoch statt. In den Entscheidungsgründen wird folgendes ausgeführt:

• Die DTAG hat eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, weil sie den Beamten zunächst fehlerhaft dienstlich beurteilt hatte,

• durch die verspätete Beförderung hat der Beamte einen Schaden erlitten,

• die zunächst fehlerhafte Beurteilung war für den Eintritt dieses Schadens auch ursächlich, denn wäre die Beurteilung von Anfang an rechtmäßig gewesen, hätte der Beamte bereits zu dem ursprünglich vorgesehenen Termin im Jahr 2015 befördert werden und die Vorteile des höheren Amtes in Anspruch nehmen können,

• die Beförderung im Jahr 2015 wäre auch nicht etwa deshalb unmöglich gewesen, weil die Beförderungsliste durch andere Konkurrentenklagen insgesamt gesperrt gewesen wäre. Denn auf der Beförderungsliste waren nämlich nicht alle Planstellen gesperrt, sondern nur die letzten 36 von insgesamt 308 Rangplätzen. Hätte der Beamte sofort eine rechtmäßige Beurteilung erhalten, hätte er von Anfang an auf einem nicht gesperrten Listenplatz befördert werden können.

Update 23.12.2019:
Das Urteil ist rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hatte die Berufung nicht zugelassen, die Gegenseite hätts allerdings einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen können. Das VG hat nunmehr mitgeteilt, dass seit 17.12.2019 Rechtskraft eingetreten ist.
Dateianhänge
VG_Braunschweig_7 A192_18.pdf
VG Braunschweig – Urteil vom 17.10.2019 – 7 A 192/18

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